staunen, nicht ärgern

Virginia Woolf, The Waves

Ein ähnliches Bild verwendet auch Bernard. Hier allerdings nicht um eine Naturkraft zu beschreiben, sondern etwas, was auch Teil seiner Identität ist, was im Grunde auf dasselbe hinausläuft. Wenn die „Welt“ getrieben wird von archaischen Kräften, dann ist sie auch Teil der individuellen Erscheinungen, deren Summe die Welt ist.

There is the old brute, too, the savage, the hairy man who dabbles his fingers in ropes of entrails; and gobbles and belches; whose speech is guttural, visceral–well, he is here. He squats in me. To-night he has been feasted on quails, salad, and sweetbread. He now holds a glass of fine old brandy in his paw. He brindles, purrs and shoots warm thrills all down my spine as I sip. It is true, he washes his hands before dinner, but they are still hairy. He buttons on trousers and waistcoats, but they contain the same organs. He jibs if I keep him waiting for dinner. He mops and mows perpetually, pointing with his half-idiot gestures of greed and covetousness at what he desires. I assure you, I have great difficulty sometimes in controlling him. That man, the hairy, the ape-like, has contributed his part to my life. He has given a greener glow to green things, has held his torch with its red flames, its thick and smarting smoke, behind every leaf. He has lit up the cool garden even. He has brandished his torch in murky by-streets where girls suddenly seem to shine with a red and intoxicating translucency. Oh, he has tossed his torch high! He has led me wild dances!

Da ist auch der alte Wüstling, der Wilde, der haarige Mann der seine Finger Knäuel von Gedärm steckt; der frisst und rülpst; dessen Sprache kehlig klingt, wie das Knurren von Eingeweiden — er ist da. Er kauert in mir. Er verfärbt sich, schnurrt und lässt mir warme Schauer über den Rücken fließen, wenn ich nippe. Es stimmt, er wäscht seine Hände vor dem Essen, aber sie sind behaart. Er wird bockig, wenn ich ihn auf das Essen warten lasse. Heute nacht wurde er festlich bewirtet mit Wachteln, Salat und süßem Brot. Jetzt hält er ein Glas feinen, alten Brandy in seiner Pranke. Er ist mit Hose und Weste bekleidet, aber darin sind dieselben Organe. Er zieht ständig Grimassen, zeigt mit seinen halb-idiotischen Gesten aus Gier und Geilheit auf das, was er will. Ich kann ihnen versichern, ich habe manchmal große Mühe, in zu kontrollieren. Dieser Mann, dieser haarige Halbaffe, ist auch Bestandteil meines Lebens. Er hat grüne Dinge grüner erscheinen lassen, er hat die Fackel mit den roten Flammen gehalten, dem dicken und schmerzenden Rauch hinter jedes Blatt gehalten. Er hat sogar den kalten Garten erleuchtet. Er hat mit seiner Fackel und deren roten Flammen auch trübe Gassen ausgeleuchtet, wo Mädchen Mädchen mit einer roten und betörenden Transparend zu leuchten scheinen. Oh, er hat seine Fackel weit in die die Höhe gehalten! Mich zu wilden Tänzen verführt!

(Das ist, soit dit en passant, mal wieder ein so ein Abschnitt, der die Intepretation des Werkes schwierig macht, weil der brutale Instinkt auch positiv beschrieben wird. In dem Roman greift alles so vielschichtig und komplex ineinander, dass es schwierig wird, irgendwas griffig auf den Punkt zu bringen. Gut möglich, dass sie damit der Komplexität des Bewußtseins wesentlich näher kommt, als dies jemals in einem Roman der Fall war; zumindest dann, wenn Geschichten die Dinge nicht vereinfachen. Normalerweise findet man es vernünftig, wenn das stampfende Tier durch Bildung und Kultur in weniger kritische Bahnen gelenkt wird. Diese Aussage wird dann aber wieder relativiert. Das stampfende Tier, von dem auch Louis spricht, hält die Maschine überhaupt erst in Gang. Es mag schon sein, dass Gebildeten innerhalb ihres Lebens, also abschnittsweise, die Komplexität des Lebens so entgegentritt. In dem Roman allerdings ist das komprimiert auf 230 Seiten. Das ist a bisserl viel auf einmal. Im übrigen klingt der Abschnitt etwas „freudianisch“. Man denkt da sofort an Dualität von Eros und Thanatos. Virginia Woolf kannte Freud, denn dessen Werk wurde in Hogwarth Verlag veröffentlicht. Allerdings kommen wir mit Freud bei The Waves auch nicht so richtig weiter, weil jeder Satz mit dem inneren Erleben abgeglichen wird, sich jeder System, jeder Geschichte, die man ihm überstülpen könnte, entzieht.)

Das Licht, oder die Zeitspanne zwischen Sonnenauf- und Sonnenuntergang, steht für die Mitglieder einer Generation, die mit zunehmender Helligkeit schärfere Konturen annehmen und mit abnehmender Helligkeit diese wieder verlieren, sich immer ähnlicher werden. Beide Male, sowohl bei der Wirkung des Lichts im Tagesverlauf wie auch bei der Identität, die sich gegen die Welt behauptet, haben wir einen ewigen Zusammenhang. Der Wille, seine Identität zu behaupten, nimmt im Alter ab.

Zunehmend spüren sie, dass sie sich festgelegt haben, sehen im anderen das, was sie nicht mehr sein können.

‚There is Jinny,‘ said Susan. ‚She stands in the door. Everything seems stayed. The waiter stops. The diners at the table by the door look. She seems to centre everything; round her tables, lines of doors, windows, ceilings, ray themselves, like rays round the star in the middle of a smashed window-pane. She brings things to a point, to order. Now she sees us, and moves, and all the rays ripple and flow and waver over us, bringing in new tides of sensation. We change. Louis puts his hand to his tie. Neville, who sits waiting with agonized intensity, nervously straightens the forks in front of him. Rhoda sees her with surprise, as if on some far horizon a fire blazed. And I, though I pile my mind with damp grass, with wet fields, with the sound of rain on the roof and the gusts of wind that batter at the house in winter and so protect my soul against her, feel her derision steal round me, feel her laughter curl its tongues of fire round me and light up unsparingly my shabby dress, my square-tipped finger-nails, which I at once hide under the table-cloth.

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