staunen, nicht ärgern

Erinnerungskultur

In dem Stil geht das dann stundenlang. Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf erinnern, das denken scheint bei Denkmälern irrelevant zu sein. Genau genommen ist es wahrscheinlich noch wirrer. Die Leute projezieren ihre Phantasien, wo immer sie diese auch her haben, in die Denkmäler. Das ist so ziemlich das Gegenteil von denken.

Sollte man da mal aufräumen? Manchmal passiert das, ziemlich radikal, z.B. mit dem ganzen Gedöns aus den Nationalsozialismus oder den Marx-Engels-Thälman Statuen. Die wurden tatsächlich 45 bzw. in den 90er Jahren flächendeckend demontiert. Also bei den ganz üblen Gestalten, scheint Einigkeit zu herrschen. Auch was die Straßenamen betrifft. Wer will schon in der Hermann-Göring-Straße wohnen. Bei anderen obskuren Gestalten wie Carl Peters wurde die Umbenennung der Straßennamen erst in den 80er Jahren vorgenommen. Da die obskure Gestalt niemand kennt, hat damit niemand ein Problem. Verschiedentlich kommt es aufgrund konkreter Ereignisse zu einer Sensibilisierung der Öffentlichkeit, wie z.B. derzeit durch die black lives matter Bewegung in England und den USA. Dann wird aufgeräumt. Bei solchen Prozessen wird dann auch nicht nur erinnert, sondern tatsächlich nachgedacht.

Aus wissenschaftlicher Sicht mögen Denkmäler und Straßenamen interessant sein. Sie spiegeln den Geist derer wieder, die für diese Art der Gestaltung des öffentlichen Raumes zuständig waren und sind. Das ist bis zum heutigen Tag so, wobei das oft eben Gestalten sind, die kein Mensch kennt und im Falle des Humboldtforum handelt es sich offensichtlich um vorgeschobene Figuren. Was diese antreibt, ist schwer zu sagen. Offensichtlich wollen sie etwas Staatragendes machen und offensichtlich wird das Projekt von einem breiten Strom an Leuten getragen, die Sinn haben für Staatstragendes. Gekostet hat der Bau, wo das Humboldt Forum einquartiert wird so roundaboaut 700 Millionen Euronen. Bei der Planung wird dann eine internationale Expertenkommission vorgeschoben, die zwar nicht international ist, in dem 17 köpfigen Kommitee gibt es nur einen Experten mit Migrationshintergrund, der Herr Prof. Dr.-Ing. Vittorio Magnago Lampugnani, der chunt us de Schwiz, aber dafür erschließt sich einem wenigstens nicht, wie man Experte für staatliche Museen wird. Ein staatliches Museum muss auf jeden Fall so was ähnliches sein wie ein Flughafen, denn Prof. Barbara Jakubeit ist Mitglied des Vorstandes Flughafens Frankfurt AG und wer Flughafen kann, kann auch Museum. Ein interessante Gestalt könnte Wilhelm von Boddien sein. Dessen Herz blutete offensichtlich, weil beim Palast der Hohenzollern, also da wo jetzt das Humboldtforum gastiert, die eine Hälfte im Krieg weggebomt worden war und die andere Hälfte dann von den Genossen. Als dann auch noch seine Landmaschinenfabrik in Konkurs ging, hat er sich wohl noch mit größerer Intensität der Schaffung eines nationalen Denkmals gewidmet und über einen Verein fleißig Spenden gesammelt: 81 Millionen Euronen. Was diese Leute antreibt, staatstragendes schaffen zu wollen, ist schwer zu sagen und man kann sie ja auch schlecht auf die Coach legen und analysieren. Vermutlich steigt die Lust auf Staatstragendes, wenn das Individuum leer ist. Wahrscheinlich ist die Motivlage, wenn man das mal so nennen soll, ähnlich wie bei den Leuten, die in früheren Zeiten an jede Ecke Statuen von irgendwelchen Königen, Schlachten, heroischen Taten und Ähnliches haben aufstellen lassen. Auf jeden Fall soll es IDENTITÄTSSTIFTEND sein.

Bestimmend für diese identitätsstiftende Wirkung ist aber nicht nur die vorgeschlagene Nutzung, sondern ohne Zweifel auch deren bauliche „Hülle“. Die architektonische Gestaltung des Berliner Schlossplatzes muss seiner besonderen historischen und städtebaulichen Bedeutung Rechnung tragen und sich entsprechend in den vorhandenen Stadtraum einfügen. Diesem Anspruch genügt der Palast der Republik nach einhelligerAuffassung der Kommission nicht. Es bestand ein hohes Maß an Übereinstimmung, dass sich die Neubebauung des Platzes an der Struktur und am Erscheinungsbild des ehemaligen Berliner Schlosses orientieren müsse, um das vorhandene Vakuum auszufüllen und den historischen Zusammenhang insbesondere zum Ensemble Unter den Linden und zum Lustgarten wiederherzustellen.

Die Mitglieder der Kommission, die kein Mensch kennt, wollen also Identitätstiftend. Das kann aber kaum Aufgabe des Staates sein. Aufgabe des Staates in einer Demokratie ist es, dem einzelnen dabei zu helfen, seine ganz eigene Identität zu finden. Das heißt er hat Angebote zu machen, z.B. in Lehrplänen, die sich auch ruhige diamentral widersprechen können. Was der Einzelne sich aus den Alternativen aussucht, ist seine Sache. Gestiftete Identität ist brandgefährlich. Identität ist ein Prozess. Die Jungs und Mädels von der Expertenkommission werden da ziemlich explizit.

Die Nutzung des Schlossplatzareals muss von gesellschaftlich
herausragender Bedeutung sein, um das dort zu errichtende Bauwerk
und seine Funktion im Bewusstsein der Öffentlichkeit zuverankern.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert