staunen, nicht ärgern

War Keynes ein „Linker“ ?

Achtung! Was jetzt kommt ist eine Sichtweise auf Keynes, die man vertreten kann. Glaubt zumindest der Autor dieser Zeilen. Eine Zusammenfassung der General Theory of Employment, Interest and Money findet sich hier: https://www.economics-reloaded.de/pdf-Dateien/Keynes_Buch.pdf.

Aus Gründen, die man nicht verstehen muss, denn in der General Theory of Employment, Interest and Money steht davon, zmindest so platt und falsch nicht, eigentlich nichts, ist Keynes der Erfinder der nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik. Der Trick soll so gehen und Keynes soll das behauptet haben: Reicht die Nachfrage nicht aus, soll der Staat qua deficit spending, also über einen defizitären Haushalt, die Staatsausgaben und damit die gesamtwirtschtliche Nachfrage soweit ausdehnen, bis wieder Vollbeschäftigung herrscht, wobei in der Lehre durch alle Niveaustufen, Berufschule, Gymnasium, Universität zwischen konsumtiven und investiven Ausgaben nicht unterschieden wird. Keynes soll also irgendwo gesagt haben, dass es keinen Unterschied macht, ob der Staat mehr Geld austütet für die Ausbildung von z.B. Medizinern oder mehr Staatsekretäre eingestellt werden, die dann ordentlich Party machen. Abstrahiert man jetzt von der Realwirtschaft, macht das tatsächlich keinen Unterschied, der Multiplikator würde in beiden Fällen funktionieren, siehe https://theatrum-mundi.de/die-geburt-der-falschdarstellung-des-keynesianismus-aus-dem-geiste-der-abstraktion/.

Wir müssen das mathematische Geblubbere nicht nachvollziehen können, dass investive Staatsausgaben und konsumtive Staatsausgaben nicht wirklich dasselbe sind, sehen wir unmittelbar ein. Investiert der Staat in Forschung und Entwicklung, z.B. in mRNA Impfstoffen, dann sinken unter Umständen die Kosten für die Behandlung von Krebs von 100000 Euro pro Patient auf 45 Euro pro Patient, wenn wir davon ausgehen, dass ein mRNA Impfstoff gegen Corona in etwa soviel kostet wie ein mRNA Impfstoff gegen Krebs. Wirft man das Geld einfach nur zum Fenster raus, ist man tatsächlich auf den Multiplikatoreffekt, siehe Link oben, angewiesen, andernfalls nimmt die Staatsverschuldung kontinuierlich zu. Bei investiven Staatsausgaben amortisiert sich die Investition irgendwann, wir haben den ewigen Kreislauf aus Geldschaffung im Moment der Kreditaufnahme und Geldvernichtung, wenn der Kredit zurückgezahlt werden, wie schon Schumpeter zutreffend feststellte: https://economics-reloaded.de/4_Joseph_Schumpeter/4_Schumpeter.htm.

Was uns die ganzen Schwarten in Berufsschule und Gynmansium wie auch die dicken Wälzer zur Makroökonomie im universitären Umfeld nicht erklären ist aber, wie es zu einer Unterauslastung der Wirtschaft durch mangelnde Nachfrage überhaupt kommen kann, das Szenario ist nämlich in der klassischen / neoklassischen Nationalökonomie, zwischen Klassik und Neoklassik unterscheidet Keynes nicht, gar nicht vorgesehen. Der Trick der Klassik geht so: Der Faktor Arbeit wird mit dem Existenzminimum bezahlt, wird mehr bezahlt, bekommen die Arbeiter mehr Kinder, womit sie wieder beim Existenzminimum landen. Den Mehrwert der Arbeit, also das, was über das Existenzminimum hinausgeht, landet bei den „Kapitalisten“, die aber in der Klassik keine Unternehmer sind im Sinne der marktwirtschaftlichen Ordnung. Die Knete, die sie den „Arbeitern“ abgenommen haben, investieren sie, so die Profite ausreichend sind um für entgangenen Konsum zu entschädigen, oder verjuxen das Geld halt. Tertium non datur, ein Drittes gibt es nicht.

Tatsächlich gibt es aber ein Drittes, das ist eine Kernaussage der General Theory on Employment, Interest and Money, nämlich die Möglichkeit, Geld in einer Form zu halten, die fast so liquide ist wie Geld selbst, aber dennoch Gewinne abwirft: Fast so liquide wie Geld sind alle Wertpapiere, die in irgendeinerweise öffentlich, z.B. an Aktienmärkten, gehandelt werden und diese Anlageform ist extrem beliebt. Die Umsätze der DAX Unternehmen betrugen im Jahr 2022 gewaltige 1,6 Billionen Euro. Diese Umsätze haben exakt Null Einfluss auf die Realwirtschaft, schaffen keinen einzigen Arbeitsplatz, außer eben für Börsenmakler und sonstiges, verbessern die Versorgung der Bevölkerung nicht einen Deut und sind gesamtwirtschaftlich völlig sinnfrei. Zu diesen 1,6 Billionen gesellen sich dann noch 1,7 Billionen an Immobilienkrediten, die überwiegend dafür verwendet wurden, Bestandsimmobilien zu kaufen, zu verkaufen, wieder zu kaufen und wieder zu verkaufen, was dann ähnlich sinnfrei ist. Zählt man alle rein spekulativen „Investitionen“ zusammen, sind diese größer als das BIP der BRD mit 4,4 Billionen.

Keynes beschäftigt sich in der General Theory of Employment, Interest and Money nur mit Aktienmärkten, deren Transaktionsvolumen er durch die Liquiditätspräferenz erklärt. Liquidität ist gleichbedeutend mit Sicherheit. Wird direkt in ein Unternehmen investiert, z.B. zum Aufbau einer neuen Produktionsstätte, dann kann dieses Geld nicht in jedem Moment wieder in die absolute Liquidität, also Geld, zurückkonvertiert und irgendwo anders investiert werden. Geht der eventuell vorhandene business plan nicht auf, ist das Geld schlicht weg. Bei Aktien schichtet man einfach um. Solange die Leute noch glauben, dass die anderen fleißig mitspekulieren, werden die Aktienkurse nicht abrauschen. Der Zins oder der Profit ist also nicht, das ist eine weitere zentrale Aussage von Keynes, nicht der Preis für Geld, einen Preis kann das gar nicht haben, denn Geld produziert die EZB in unendlicher Menge zum Nulltarif, und was in unendlicher Menge vorhanden ist, hat keinen Preis, sondern der Preis, der gezahlt werden muss, um Investoren aus dem sicheren Hafen der absoluten Liquidität herauszulocken.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert