staunen, nicht ärgern

Gerät die marktwirtschaftliche Ordnung an ihre Grenzen?

Der Herr Ferrero zum Beispiel hat Millionen von großen und kleinen Kindern mit einer Nuss Nougat Creme beglückt, das Teil heißt Nutella und wird auch von der deutschen Fußballmannschaft verfrühstückt. (Was aber offensichtlich nicht hilft, denn die scheiden schon in der Vorrunde aus.) Der Herr Ferrero hat aber nicht nur Nutella im Angebot, sondern auch Mon Cheri, Yogurette, Milchschnite, Hanuta etc. etc.. Also der macht richtig Schotter, Umsatz pro Jahr 12 Milliarden. Der Herr Ferrero kauft jetzt alles auf, was es da noch so gibt an Haselnuss verarbeitenden Unternehmen, Kekse Produzenten, Kinder Überraschungseier etc. etc.. Aber, und das ist der entscheidende Punkt, er kauft und expandiert immer weiter in selben Bereich, also da, wo er sich auskennt, bereits ein Vertriebsnetz hat, Erfahrung hat mit dem Marketing, das für diesen Bereich qualifizierte Personal hat, die Logistik hat etc.. Wenn er ein paar Tonnen Nutella an Edeka, Lidl, Aldi, Penny liefert, kann er gleich noch ein paar Tonnen Milchschnitte mit der extra Portion Milch mitliefern. Vor die Frage gestellt, ob er für 2,8 Milliarden Dollar das Süßwarengeschäft von Nestlé übernimmt, hat er tatsächlich gemacht, oder eine Solaranlage in der Liga, wie sie derzeit in Marokko gebaut wird, Kostenpunkt 2,2 Milliarden Euro, baut, entscheidet er sich für natürlich für Schokaldiges und Süßes von Nestlé, den von Solaranlagen hat er in etwas soviel Ahnung, wie der Autor dieser Zeilen, nämlich gar keine. Was davon rentabler ist, weiß er nicht, sicher ist nur, dass die Solaranlage gesamtwirtschaftlich und für das Weltklima besser wäre, denn ob Nestlé die Kekse backt oder Ferrero, ist vollkommen egal. Für das Weltklima allerdings ist es durchaus nicht egal, ob Afrika das Zeitalter der Dekarbonisierung überspringen kann oder nicht und damit das der Fall ist, braucht es viele Solaranlagen. (Ein ähnliches Ding wird zur Zeit in Namibia gebaut.) Das Argument, dass es nicht die Aufgabe von Herrn Ferrero sei, die Welt zu retten ist richtig, aber genauso richtig ist, dass die fundamentale Annahme der marktwirtschaftlichen Ordnung, der ureigenste Kern ihrer raison d’être, das Gebiet, wo sie ihre Überlegenheit zeigen muss, die optimale Allokation der Resourcen ist und genau das trifft eben nur begrenzt zu. Die Idee der marktwirtschaftlichen Ordnung ist, dass das Einzelinteresse deckungsgleich ist mit dem gesamtgesellschaftlichen Interesse. Die Realität sieht eher so aus, dass weder der einzelne seinen Gewinn maximieren kann, weil er hierfür schlicht nicht ausreichend informiert ist und selbst wenn er dies könnte, es keine Gewährleistung dafür gibt, dass damit auch gesamtwirtschaftlich gesehen die Resourcen optimal alloziiert werden.

Weder privatwirschaftlich, wir gehen davon aus, dass mit der Solaranlage mehr Schotter verdient werden kann, noch gesamtwirtschaftlich ist die Investition in die Süßwarensparte von Nestlé rational. (Rational ist in der Volkswirtschaftslehre lustig definiert: Rational ist, was den Gewinn maximiert.) Unternehmer investieren in die Bereiche, wo sie sich auskennen. Wenn sie nicht mehr wissen wohin mit ihrem Schotter, investieren sie in Bereichen, Gold, Wertpapiere, Immmobilien, die entweder sofort wieder in die absolute Liquidität, also Geld, zurück konvertiert werden können oder in Bereiche, die leicht eingeschätzt werden können, also Immobilien. Das erklärt die Blasen an den Aktien, Immobilien und Goldmärkten. Manche Leute meinen, es ist zuviel Liquidität im Raum, aber die Blasen sind nur das Symptom eines tieferliegenden Problems. Vollkommene Information ist ein Fata Morgana.

Das Spiel ist aber noch wirrer. Die Nuss Nougat Problem ist im Grunde ziemlich ähnlich wie Zentis Nusspli Nuss-Nougat-Creme, Milka Haselnusscreme, Bio Schokocreme Nuss-Nougat etc. etc.. (Ich weiß, ich weiß. Eingefleischte Fans von Nutella werden nur mit Nutella glücklich, die hat aber von der Stiftung Warentest eine miserable Bewertung bekommen. Wer jetzt bei Nutella nicht mitgeht, der halte sich an Hanuta <=> Knoppers, oder an die Schokalade, die so praktische ist, weil sie quadratisch ist im Vergleich zur länglichen Version aus echter Alpenmild, die ideal ist für eine lila Pause.) Wer ein anderes Beispiel will, man muss eine Menge Geld in die Hand nehmen um die Menschheit davon zu überzeugen, dass Ariel im Hauptwaschgang reiner wäscht, als der weiße Riese von Omo. Je weniger sich die Produkte qualitativ unterscheiden, desto mehr werden die Unternehmen in Werbung investieren, um die Menschheit vom Vorhandensein von Unterschieden zu überzeugen, die schlicht nicht existieren. Die Ausgaben für Werbung steigen dramatisch. Betrugen im Jahr 2000 die weltweiten Ausgaben für Werbung noch 332 Milliarden Dollar, beliefen sie sich im Jahre 2023 bereits 861 Milliarden Dollar.

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/74622/umfrage/prognose-der-werbeausgaben-weltweit/

Für Waschmittel wurden allein in Deutschland in den Jahren 2000 bis 2017 überschlagen 3,5 Milliarden Euro ausgegeben, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/196750/umfrage/werbeausgaben-fuer-waschmittel-in-deutschland-seit-2000/, mit Steigerungsraten von Jahr zu Jahr. Die Tendenz zieht sich durch durch alle Branchen, in allen entwickelten Industrieländern. Legendär ist die Werbeschlacht Coca Cola gegen Pepsi.

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