staunen, nicht ärgern

Die Leistung und die marktwirtschaftliche Ordnung. Gerechtigkeit und Mobilität

Gleiche Liga Arbeitszeit. Rekordhalter bei der Arbeitzeit sind wahrscheinlich die Brummi Fahrer. Transportiert jemand Orangen von Málage nach Schwerin, dann ist er drei Tag unterwegs. Im Grunde arbeitet er drei Tage am Stück, denn auf irgendeinem Rastplatz an irgendeiner Autobahn zu übernachten, kann man dann auch der Arbeit zuschlagen. Manche niedergelassenen Ärzte machen vier Mal in der Woche einen Job von nine to five, verdienen aber ein vielfaches des Brummi Fahrers. Bei totaler Mobilität und einer Steuerung über den Preis müsste es also zu einer Umstrukturierung kommen. Das Beispiel ist ein bisschen extrem, erläutert aber die Theorie, die aber ja bekanntlich immer grau ist. Die Brummifahrer würden, rein marktwirtschaftlich, so lange Ärzte werden, bis das Verhältnis aus Angebot und Nachfrage in beiden Berufen gleich ist. Die Preise für medizinische Dienstleistungen würden also sinken, weil die Entlohnung des medizinischen Personals sinken würde und die Entlohnung der Brummifahrer würden steigen, aber die Orangen werden dann teurer. Die oben genannt Tussi kann sich dann überlegen, ob sie an Orangen spart oder am Handtäschchen.

Das dritte Argument, mit dem Unterschiede in der Entlohnung gerechtfertigt werden, ist die Verantwortung. Das ist wohl der Bereich, wo wir in der öffentlichen Debatte die allerwirrsten Vorstellungen finden. Argumentiert wird z.B. dass ein Richter eine ganz große Verantwortung trägt. Da würde der Autor jetzt eher sagen, dass gerade da die Verantwortung geradezu gegen Null sinkt, denn er haftet gar nicht persönlich für ein Fehlurteil. Der Tatbestand der Rechtsbeugung existiert zwar, aber das ist reine Theorie. Im übrigen spielt der Aspekt Verantwortung dann eine besondere Rolle, wenn definitiv irreversible Entscheidungen getroffen werden müssen, besonders übel, wenn diese innerhalb von Sekunden getroffen werden müssen. Die Mühlen der Justiz arbeiten aber extrem langsam und jede Entscheidung kann in der nächst höheren Instanz wieder kassiert werden. Weiter hat ein Richter alle Zeit der Welt, über seine Schriftsätzen zu brüten. (Da sollte zwar mal qua Neues Steuerungsmodell eine Bremse eingebaut werden, aber dagegen wehren sich Richter natürlich vehement: http://www.richterverein.de/j2000/vgbericht.pdf). Beim Brummi Fahrer, wir bleiben bei dem Beispiel, denn es ist so schön extrem und von daher besonders zur Illustration der Verhältnisse geeignet, ist das anders. Macht dieser einen Fehler, biegt also z.B. mal falsch ab, dann kann das den Zeitplan ordentlich durcheinanderbringen und bei durchgetakteter Logistik, gerät dann unter Umständen alles aus dem Ruder. Dafür haftet er dann unter Umständen ganz persönlich. Schläft ein Richter am Schreibtisch ein, ist das nicht weiter problematisch. Schläft der Brummi fahrer mit 20000 Liter im Tank am Steuer ein und knallt auf einen anderen Brummi, dann ist das ein Straftatbestand (so er denn überlebt) für den er ganz persönlich und konkret haftet. Beim Brummi Fahrer reicht es unter Umständen schon, wenn er einmal nicht in den Rückspiegel schaut. Verantwortung müsste man also konkretisieren und zwei Aspekte sind wesentlich. Von Verantwortung kann man also nur sprechen, wenn jemand ganz persönlich, strafrechtlich, zivilrechtlich, durch psychischen / physischen Schaden, Vermögenseinbußen haftet. Die oft kolportierte These, dass Politiker Verantwortung tragen, ist von daher schlicht Blödsinn. Die haften erst mal, solange es sich nicht um strafrechtliche Vorgänge handelt, für schlicht gar nichts. Verantwortung bei politischen Fehlentscheidungen trägt immer die Gesellschaft als Ganzes, nur diese haftet unmittelbar.

Produktivität, Leistung und Verantwortung spielen also bei der Entlohnung der Produktionsfaktoren keine Rolle. Die Entlohnung ergibt sich in der reinen Theorie der marktwirtschaftlichen Ordnung allein aus Angebot und Nachfrage. Wäre der Produktionsfaktor Arbeit also absolut mobil, was Adam Smith ja für das Kapital unterstellt, er unterstellt, dass Kapital solange realloziiert wird, bis der Grenzertrag in jeder Verwendung gleich ist, er bezeichnet das als natürlichen Preis im Gegensatz zum Marktpreis, dürfte es eigentlich in der Entlohnung der Produktionsfaktoren überhaupt keinen Unterschied geben. Nochmal auf Deutsch: Verdient der Bäcker mehr als der Maurer, müssten aus den Maurern solange Bäcker werden, bis sich das Lohninveau angleicht; verdient ein Elektroingenieur mehr als ein Informatiker, müsste die Informatiker solange umsatteln zu Elektroingenieur, bis das Lohnniveau gleich ist; verdient ein Betriebswirt mehr als ein Künstler….. und so weiter und so fort. Dies ist aber offensichtlich nicht der Fall.

Die Mobilität ist also offensichtlich zu gering, um Unterschiede in der Entlohnung auszugleichen und jetzt wird es richtig kompliziert, bzw. die Faktenlage ist dünn. (Von anderen Tatsachen, nämlich das in der Republik jährlich 400 Milliarden Euro schlicht verebt werden unter anderen Zusammenhängen sehen wir jetzt mal ab.) Ein Teil der geringen Mobilität lässt sich durch Begabungsunterschiede erklären. Die Toten Hosen z.B. sind schwer zu imitieren. Also am oberen Ende der jeweiligen Sparte ist wohl Migration nicht möglich. Allgemeinmediziner kriegen wohl viele Leute hin, bei Herzchirurg wird es dann schwierig.

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