staunen, nicht ärgern

Die Leistung und die marktwirtschaftliche Ordnung. Gerechtigkeit und Mobilität

Das Ding ist ein bisschen verwickelt, deshalb  vorausgeschickt die Kurzfassung. In der klassischen ökonomischen Theorie, also Adam Smith und Co, gibt es etwas wie einen natürlichen Preis. Das ist der Preis für einen Produktionsfaktor, der sich einstellt, wenn der Preis in jeder Verwendung der gleiche ist. Verdient also jemand 10 Euro wenn er seine 1000 Euro Kapital in die Produktion von Torten steckt und 9 Euro, wenn er seine 1000 Euro in die Produktion von Kartoffeln steckt, wird er solange Kapital umschichten, also mehr Torten als Kartoffeln produziert, bis er in beiden Verwendungen den gleichen Preis bekommt. Das gilt bei Adam Smith auch für den Faktor Arbeit, allerdings mit der Pointe, dass der Faktor immer nur mit dem Existenzminimum bezahlt wird. (Bei Adam Smith noch nicht so deutlich, richtig plastisch kommt diese Idee, also dass der Lohn sich nicht vom Existenzminimum lösen kann, erst bei David Ricardo, aber die Details sind jetzt egal.) Das mit dem Existenzminimum vergessen wir jetzt, das ist Blödsinn, aber richtig an der Idee ist, dass es eine Tendenz zur gleichen Entlohnung der Arbeitskraft geben müsste, wenn die Mobilität höher wäre. Darum geht es in dem folgenden Erguss. Nicht Gerechtigkeit bzw. Ungerechtigkeit ist das Problem der marktwirschaftlichen Ordnung, sondern mangelnde Mobilität. Der Ansatz erscheint dem Autor zielführender.  Eine Debatte über Gerechtigkeit ist uferlos, zielführender ist es, an der Mobilität zu arbeiten.

Was man hört, und manche glauben das auch, wenn man Wirtschaft studiert, egal welche Sparte, BWL, VWL, oder eine der seit Bachelorzeiten von der Aquin zertifizierten Studiengänge, ist das: Leistung bemisst sich nach dem Preis, der dafür am Markt erzielt werden kann. Soll heißen, ein Ingenieur verdient mehr als eine Kassiererin, weil bei Ingenieuren nun mal das Verhältnis von Angebot und Nachfrage besser ist. Soll heißen, Unternehmen müssen für einen Ingenieur mehr bezahlen, andernfalls kriegen sie keinen. Ohne diesen Preismechanismus, hätte wir gar keine Ingenieure, Ärzte, Chemiker, Gas-, Wasserinstallateure, Elektriker etc. etc.. Ohne den Preismechanismus, keinen Strukturwandel, weil schlicht niemand dazu gebracht werden könnte, aus den Branchen mit geringerem Bedarf auszusteigen und in eine Branche mit höherem Bedarf einzusteigen. So weit, so vordergründig richtig. Man könnte die Bedeutung des Incentivs auf die Bereitschaft, sich marktgerecht zu qualifizieren diskutieren. In Kuba z.B. sind die Gehälter für das akademischen Personal und den Leuten, die sinnfrei irgendwelche alten Gebäude bewachen minimal, trotzdem gibt es in Kuba, bedingt durch wirtschaftliche Flaute, einen Überschuss an akademischem Personal. Die optimale Resourcenallokation über Preise gelingt wohl bei anderen Resourcen, beim Personal weniger. Wesentlich massiver führt wohl der schlichte Wegfall von Branchen zu einer Änderung der Qualifikationsstruktur. Durch die Digitalisierung im Bereich Drucktechnik in den 80ger Jahren, Verschwinden der deutschen Textilindustrie, zunehmender Import von Nahrungsmitteln, Zurückfahren der Kohleförderung und Stahlproduktion etc.. schulten die Leute nicht nur deshalb um, weil man in der Automobilindustrie, im Gesundheitssystem, im Tourismus etc. mehr verdiente, sondern weil es schlicht die alten Jobs gar nicht mehr gab.

Es kommt jetzt ein langer Sermon. Woran das System tatsächlich krankt kommt zum Schluss.

Das tobende Leben ist jetzt aber, so was passiert bei rein akademischen Diskussionen immer mal wieder, irgendwie komplizierter.

Hier

https://www.deutschlandfunkkultur.de/hohes-einkommen-leistungstraeger-mythos-ungerechtigkeit-100.html?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE

wird jetzt anders argumentiert. Das stimmt auch nicht so richtig. Vermutlich ist die Wahrheit nicht mal in der Mitte, sondern ganz woanders. Der Link oben führt zu eine Artikel, der mit Gerechtigkeit argumentiert. Gerechtigkeit ist Begriff, der in der marktwirtschaftlichen Ordnung erstmal so nicht vorgesehen ist und die Entlohnung der Produktionsfaktoren, also z.B. der Arbeit, ist auch nicht an die Produktivität gekoppelt, sondern an den Grenzertrag. Vereinfacht: Es nützt, rein marktwirtschaftich betrachtet, nichts, wenn der Output im Verhältnis zum Input immer weiter gesteigert wird, wenn das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage sich dadurch verschlechtert. Das im Artikel genannte Beispiel geht am Thema vorbei. Rein marktwirtschaftlich gesehen ist es so, dass ein Altenpfleger, der 5 Patienten an einem Tag versorgt, besser ist, als jemand, der sich mehr Zeit nimmt für seine Patienten und diese nicht am Fließband abfertigt. Will der Markt die höhere Zuwendung nicht finanzieren, wird, rein marktwirtschaftlich gesehen die Versorgung der Patienten auf ein marktkonformes Niveau absinken und die dort Beschäftigten können dann z.B. bei Louis Vuitton irgendwelche Handtäschen für irgendwelche schwerreichen Tussis zum Stückpreis von 2200 Euro fertigen. Klingt ein bisschen gaga, aber so funktioniert der Markt nun mal. Der Staat könnte jetzt die Tussi jetzt natürlich so besteuern, dass sie sich nur noch eine Handtasche Prada für 1200 Euro leisten kann, aber das findet die Tussi dann ungerecht. Einer der reichsten Menschen auf dem Globus ist Bernard Arnauld, also der Produzent von Handtäschchen für Tussis.

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