Die hoch innovativen Jungs und Mädels, die jetzt durch die wissenschaftlichste aller Methoden den ultimativen Weg zum mühelosen Spracherwerb gefunden haben blabbern ziemlich viel nach, ohne wirklich zu verstehen was die da blabbern. Mit den Kästchenübungen erklimmt man eine Stufe nach der anderen auf dem europäischen Referenzrahmen für Sprachen, von A1 geht es schnurstracks zu C1. Das Problem dabei ist, dass der europäische Referenzrahmen für Sprachen nur einen groben Anhaltspunkt liefert und kein offizell anerkannter Test, nicht der TOEFL, nicht das Cambridge Certificate, nicht der DELE, nicht der Test Français Langue Etrangère, nicht Telc / DHS etc. sich an daran orientieren. Diese Tests sind ausgefeilter. Der europäische Referenzrahmen für Sprachen ist eine rein verbale, vage Beschreibung von Kompetenzen.
A1 – Anfänger
Kann vertraute, alltägliche Ausdrücke und ganz einfache Sätze verstehen und verwenden, die auf die Befriedigung konkreter Bedürfnisse zielen. Kann sich und andere vorstellen und anderen Leuten Fragen zu ihrer Person stellen – z. B. wo sie wohnen, was für Leute sie kennen oder was für Dinge sie haben – und kann auf Fragen dieser Art Antwort geben. Kann sich auf einfache Art verständigen, wenn die Gesprächspartnerinnen oder Gesprächspartner langsam und deutlich sprechen und bereit sind zu helfen.
A2 – Grundlegende Kenntnisse
Kann Sätze und häufig gebrauchte Ausdrücke verstehen, die mit Bereichen von ganz unmittelbarer Bedeutung zusammenhängen (z. B. Informationen zur Person und zur Familie, Einkaufen, Arbeit, nähere Umgebung). Kann sich in einfachen, routinemäßigen Situationen verständigen, in denen es um einen einfachen und direkten Austausch von Informationen über vertraute und geläufige Dinge geht. Kann mit einfachen Mitteln die eigene Herkunft und Ausbildung, die direkte Umgebung und Dinge im Zusammenhang mit unmittelbaren Bedürfnissen beschreiben.
B1 – Fortgeschrittene Sprachverwendung
Kann die Hauptpunkte verstehen, wenn klare Standardsprache verwendet wird und wenn es um vertraute Dinge aus Arbeit, Schule, Freizeit usw. geht. Kann die meisten Situationen bewältigen, denen man auf Reisen im Sprachgebiet begegnet. Kann sich einfach und zusammenhängend über vertraute Themen und persönliche Interessengebiete äußern. Kann über Erfahrungen und Ereignisse berichten, Träume, Hoffnungen und Ziele beschreiben und zu Plänen und Ansichten kurze Begründungen oder Erklärungen geben.
B2 – Selbständige Sprachverwendung
Kann die Hauptinhalte komplexer Texte zu konkreten und abstrakten Themen verstehen; versteht im eigenen Spezialgebiet auch Fachdiskussionen. Kann sich so spontan und fließend verständigen, dass ein normales Gespräch mit Muttersprachlern ohne größere Anstrengung auf beiden Seiten gut möglich ist. Kann sich zu einem breiten Themenspektrum klar und detailliert ausdrücken, einen Standpunkt zu einer aktuellen Frage erläutern und die Vor- und Nachteile verschiedener Möglichkeiten angeben.
C1 – Fachkundige Sprachkenntnisse
Kann ein breites Spektrum anspruchsvoller, längerer Texte verstehen und auch implizite Bedeutungen erfassen. Kann sich spontan und fließend ausdrücken, ohne öfter deutlich erkennbar nach Worten suchen zu müssen. Kann die Sprache im gesellschaftlichen und beruflichen Leben oder in Ausbildung und Studium wirksam und flexibel gebrauchen. Kann sich klar, strukturiert und ausführlich zu komplexen Sachverhalten äußern und dabei verschiedene Mittel zur Textverknüpfung angemessen verwenden.
C2 – Annähernd muttersprachliche Kenntnisse
Kann praktisch alles, was er/sie liest oder hört, mühelos verstehen. Kann Informationen aus verschiedenen schriftlichen und mündlichen Quellen zusammenfassen und dabei Begründungen und Erklärungen in einer zusammenhängenden Darstellung wiedergeben. Kann sich spontan, sehr flüssig und genau ausdrücken und auch bei komplexeren Sachverhalten feinere Bedeutungsnuancen deutlich machen.
Babbel und Co behaupten nun, Kurse zu haben, die dem Niveau C1 entsprechen. Das wären z.B. mindestens 10 000 Wörter. Der Muttersprachler beherrscht etwa 40 000 Wörter. Ein Deutsch Muttersprachler z.B. kennt mindestens 90 Prozent Wörter, die im Duden gelistet sind und das sind immerhin 125 000 Wörter, die sich aber auf etwa 50 000 Wortfamilien reduzieren lassen. Die Verhältnisse sind in allen Sprachen ähnlich. Vermutlich bringt es babbel auf 2000 Wörter maximal. Aussagen, dass so und soviel Prozent des Wortschatzes reichen um so und soviel Prozent des Inhalts zu verstehen, trifft nur dann zu, wenn sich erraten lässt, was gemeint ist, also bei sehr einfachen Texten. Weiter differenziert der europäische Referenzrahmen für Sprachen nicht zwischen passivem Verstehen (hören, lesen) und aktiver Verwendung (sprechen, schreiben). Hier kann es von Sprache zu Sprache erhebliche Unterschiede geben. Extrem hörerfeindliche Sprachen wie Portugiesisch oder Persisch kann man unter Umständen flüssig lesen, was aber noch nicht heißt, dass man auch der gesprochenen Sprache folgen kann. Französisch ist zwar hörerfreundlich, in der Schriftsprache werden aber Unterschiede zum Ausdruck gebracht, die im gesprochenen Französisch nicht gehört werden. Offizielle Tests prüfen alle vier Fertigkeiten isoliert. Im Vordergrund offizieller Tests steht aber vor allem die Fähigkeit, die Sprache Normgerecht zu verwenden, also fehlerfrei und mit korrekter Aussprache. Das spielt beim europäischen Referenzrahmen überhaupt keine Rolle. Dort ist lediglich von verstehen, flexibel, wirksam, klar, strukturiert einsetzen die Rede. Der europäische Referenzrahmen ist nicht operational definiert und spielt folglich bei offiziell anerkannten Tests keine Rolle. Aber selbst bei dieser vagen Beschreibung ist offensichtlich, dass ein Niveau C1, oder auch nur B1, mühelos nicht erreichen kann. Auch B1 wären mindestens 5000 Wörter. Eine Zylinderkopfdichtung gehört durchaus zu den Dingen, mit denen ein Kfz-Mechaniker vertraut ist. Ob er seinem Kollegen in einer Fremdsprache verklickern kann, dass eben selbige kaputt ist, ist dann eine Frage, ob er das entsprechende Wort in der Fremdsprache kennt. Marketingtechnisch mag es sinnvoll sein, sich auf den europäischen Referenzrahmen für Sprachen zu beziehen, inhaltlich ist das Schwachsinn und noch erstaunlicher ist es, dass sich die Leute von so einem Schwachsinn beeindrucken lassen.