staunen, nicht ärgern

Nationale Bildungsplattform, 630 Millionen Euro. Da gehen sie hin, eure Millionen.

Mit der Nationalen Bildungsplattform als Meta-Plattform vernetzter digitaler Bildungsangebote soll ein technisches und regulatives Ökosystem bereitgestellt werden, das einen Rahmen für eine leistungsfähige, interoperable Lehr-Lern-Infrastruktur und die darauf aufbauenden Funktionalitäten und Services schafft. Hierzu werden unter Nutzung etablierter Standards und Werkzeuge bestehende und innovative neue Angebote vernetzt. Für ein individuell passfähiges, flexibles und anschlussfähiges Lernen in der digitalen Welt.

Quelle: https://www.bmbf.de/de/neue-bekanntmachung-zum-aufbau-einer-digitalen-bildungsplattform-13790.html

Dazu gibt es dann noch ein Video: https://www.bmbf.de/de/media-video-48925.html. Da lernen wir, dass Videos auch didaktisch sinnlos sein können, das hätten wir aber schon der Online Diskussion mit dem Unternehmen entnehmen können, dass im Auftrag des BMBF dieses Projekt leitet: https://vdivde-it.de/de. (Warum das BMBF das nicht in Eigenregie macht, ist schleierhaft. Bei 1000 Mitarbeitern sollte es doch ein paar geben, die das machen können, vor allem wenn man bereits über so üppige Erfahrung mit gescheiterten Projekten verfügt. Sollte das BMBF aus den Erfahrungen der Vergangenheit geschlossen haben, dass es sowas nicht kann, wäre dies zwar zutreffend, aber die logische Schlussfolgerung wäre, sich dann eben gar nicht mehr einzumischen.) Es war eigentlich, in der Video Konferenz,  egal, welche Frage gestellt wurde, die Antworten waren einheitlich „wissen wir nicht, wir warten die Prototypen“ ab. Also 630 Millionen Euro ist ganz schön viel, wenn man keinen Plan hat, was am Schluss rauskommen soll. Das Grundproblem ist, dass die Anbieter von digitalen Lernmedien, egal ob open source, irgendeine creative common oder kostenpflichtig kein Interesse daran haben werden, sich anzumelden, weil a) die Suchmaschinen relevant sind, die bereits den Zugriff auf Hunderte von Millionen von Angeboten anbieten, b) nur ein Bruchteil dieser digitalen Bildungsmedien in Deutschland produziert worden ist und die Anbieter aus dem Rest der Welt interessieren sich einen feuchten Schmutz für die NBP, c) vollig unklar ist, wer einheitliche Schnittstellen haben will und überhaupt unklar ist, was diese Schnittstellen konkret verbinden sollen, d) sind die Möglichkeiten, wie die Informationen im Netz vorliegen, derartig vielgestaltig, z.B. können auch Foren hochwertige Informationen liefern, im Fremdsprachenbereich z.B. https://forum.wordreference.com/, die diskutieren da die letzten Fragen der Menschheit auf höchstem Niveau, dass es schlicht unmöglich ist, „regulative ÖKosysteme“ zu bilden, wobei auch unklar ist, wie ein Ministerium auf die Idee kommt, hier regulative Ökosystem bilden zu wollen. Hayek hat, wenn es um ökonomische Zusammenhänge im engeren Sinn geht nie recht, aber Macht ohne Kompetenz hat was.  Unter „Services“ muss man sich jetzt was vorstellen können. Denkbar wäre z.B., dass für Bildungsangebote einheitliche Zahlungssystem eingerichtet werden, doch dafür gibt es schon so gefühlte 100 Lösungen. Denken könnte man an einheitliche Standards für Testbatterien, aber auch hier gibt es schon tonneweise standardisierte Lösungen, z.B. von moodle oder plugins von wordpress oder eben das uralt Ding hot potatoes etc.. Denken könnte man daran, dass es Schnittstellen gibt, zu Anbietern von zertifizierten Prüfungen, TOEFL, DELE, Telc etc… aber die werden kein Interesse an Kooperation haben. Kurz und knapp: Das Ding ist so sinnlos wie Hunderte von Projekten vorher, aber für den Steuerzahler richtig teuer.

Das Vertrauen in politische Parteien schwindet. Das kann auch daran liegen, dass zunehmend Zweifel bestehen an der Kompetenz staatlicher Institutionen und im ganzen Bereich Bildung grenzt das Agieren staatlicher Behörden schon an Idiotie.

Last not least. So schrecklich kompliziert ist das nicht, mit den digitalen Lernmedien, genau genommen braucht man hierzu nicht mal ein Internet. Die Sprachportale der infos24 GmbH liegen z.B. in allen Formaten vor, app, zip, pdf, Buch, iBook, eBook laufen auf allen Geräten und wenn gar nichts mehr geht, dann eben als Buch auf Papier. Das Problem digitaler Lernmedien ist nicht der Transport derselben, wir transportieren das quer über den ganzen Globus, nach Südamerika, Indien und Südafrika, das hat uns noch nie beschäftigt. Was uns beschäftigt, ist der Inhalt. Den zu erstellen ist tatsächlich time consuming. Das Problem ist, das Lehrer derzeit den Vorteil digitaler Lernmedien noch nicht so richtig erkennen und nach den Sommerferien genau so weiter machen werden, wie vor der Pandemie. Der ganze Technikkram war ein workaround, also eine Notlösung, wenn Kopiervorlagen nicht mehr in der Klasse ausgeteilt werden können, hatte aber aus der Sicht der Lehrer keine Vorteile. Der challenge besteht darin, Lehrern klar zu machen, dass digitale Lernmedien in bestimmten Kontexten Vorteile bieten, völlig unabhängig davon, ob der Unterricht offline oder online gehalten wird. Sind sie davon nicht überzeugt, braucht man kein www.wirlernenonline.de, kein www.mundo-schule.de, kein moodle, kein SAP, keine Bildungsplattformen der Bundesländer und erste recht keine nationale Bildungsplattform. Wenn es nichts zu transportieren bzw. zu finden gibt, braucht man keine Nationale Bildungsplattform.

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