staunen, nicht ärgern

Muss der Staat Schulden tilgen?

Jetzt kommt noch ein letzter Schritt und dann sind wir endlich mal bei unserem eigentlichen Thema: Muss der Staat eigentlich seine Schulden zurückbezahlen, bzw. entsteht ein Schaden, wenn er das nicht tut?

Der Staat leiht sich nun Geld bei den Banken, das selbige vorher von der Zentralbank bekommen haben. Wäre dem nicht so, könnte also der Staat sich direkt Geld von der Zentralbank per ordine mufti drucken lassen, dann hätte der Staat unbegrenzte Macht. Er hätte immer mehr Geld als die Privatwirtschaft und könnte folglich alle Resourcen an sich ziehen, da er jeden Preis bezahlen kann. So konkurriert der Staat mit der Privatwirtschaft auf dem Kapitalmarkt. Kann ein privates Unternehmen höhere Zinsen bezahlen als der Staat, dann bekommt er eben den Kredit und kann die Leistungen, die er braucht, einkaufen. So werden dann im Zweifel mehr Leute eingestellt, die was können und weniger Beamte. Hätte der Staat die uneingeschränkte Verfügungsmacht, könnte er unbegrenzt Ingenieure verbeamten ohne konkret zu wissen, was er mit denen eigentlich anstellen will. Die Resourcen werden aus produktiven Bereichen abgezogen und in unproduktive Bereiche gesteckt.

[Wobei der Staat tendenziell trotzdem am längeren Hebel sitzt. Denn die Zinsen, die er zahlt, kriegt er als Besitzer der Zentralbank postwendend zurück. Das ist also das Schema linke Tasche, rechte Tasche. Aber immerhin ist eine Bremse eingebaut.]

Im Zuge der Finanzkrise 2008 ist die EZB dann allerdings dazu übergegangen, Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt zurück zu kaufen. Ob das legal ist, war zwar umstritten, dem wurde aber vom Bundesverfassungsgericht Absolution erteilt. In diesem Fall haben die Gläubiger, also institutionelle Anleger aller Art, Banken, Versicherungen, Pensionsfonds etc. ihre Staatsanleihen an die EZB, also die Zentralbank der Euro Länder, verkauft. Der Staat zahlt also nicht mehr an die Gläubiger, sondern an die EZB. (System rechte Tasche, linke Tasche.)

[Was vielleicht wichtig ist. Das oft vorgetragene Argument, dass der deutsche Steuerzahler blecht, wenn die Griechen, Italienier, Franzosen, Spanier oder wer auch gerade wieder der Bösewicht ist, einen Kredit bekommen, ist falsch. Das Geld kommt frisch und sauber aus den Druckern der EZB. Der deutsche Steuerzahler ist erst dann, anteilig, beteiligt, wenn das so geschaffene Geld wieder vernichtet werden muss.]

Auf welchen verschlungenen Wegen sich der Staat nun sein Geld beschafft hat, ist aber letztlich egal. Die Frage ist, was passiert eigentlich, wenn er es nicht zurück zahlt, also die EZB die Staatsanleihen im Kamin verfeuert?

Verfeuert die EZB die Staatsanleihen im Kamin ist eine Sache klar: Der Kreislauf aus Geldschöpfung und Geldvernichtung ist durchbrochen. Das Geld zirkuliert ad calendas graecas, also bis in alle Unendlichkeit und wir höchstens durch die Inflation langfristig entwertet. Wir haben also ganz definitiv und für alle Zeiten eine Ausdehnung der Geldmenge. Und da haben wir sie nun, die Tausend Dollar Frage. Ist es schlimm, wenn die Geldmenge ausgedehnt wird? Wenn es nicht schlimm ist, also keine negativen Konsequenzen hat, kann man die Staatsanleihen ja einfach im Kamin verfeuern.

Was ist die Befürchtung? Die Befürchtung ist, dass es zu einer Inflation kommt, wenn der Markt mit Geld geflutet wird. Tatsächlich haben wir eine Inflation, manche Zeitgenossen sprechen auch von Blasen, aber eben nicht in den Bereichen, die als kritisch gelten, also Güter des täglichen Bedarfs. Die Inflation beschränkt sich auf die Bereiche, wo dieses frische Geld spekulativ eingesetzt wird: Immobilienmarkt, Börse, Gold, Rohstoffmärkte etc.. Da dreht diese Geld sinnfrei seine Runden, siehe https://theatrum-mundi.de/immbobilienhype-perpetuum-mobile/.

Eine andere negative Konsequenz könnte die Abwertung des Euro sein. Die findet aber auch nicht statt. Da die FED, also die amerikanische Zentralbank, das Spiel noch viel heftiger treibt als die EZB, ist der Wert des Dollars gegenüber dem Euro sogar gesunken. Im übrigen ist das mit der Stärke der Währung so eine Sache. Starke Währung heißt, dass man billig einkaufen kann, aber teuer verkaufen muss und schwache Währung bedeutet, dass man teuer einkauft, aber billig verkauft.

Haben wir also weder Inflation noch eine Abwertung der Währung, dann gibt es eigentlich keinen Grund, die Staatsverschuldung zurückzuführen, bzw. man könnte sie auch schlicht dadurch zurückführen, dass die EZB die Staatsanleihen verfeuert bzw. die Tilgungsrate auf 200 Jahre erhöht. Das war der Vorschlag von Yanis Varoufakis, dem ehemaligen griechischen Finanzminister. Der bekam es dann aber mit der schwäbischen Hausfrau zu tun und die lässt nicht mit sich spaßen.

Es gibt allerdings auch einen gewaltigen Vorteil einer Ausdehnung der Geldmenge. Die Zinsen sinken und zwar dauerhaft, was auch wenig rentable Investitionen mit geringer Produktivität und geringer Qualifikation der dort beschäftigten ermöglichen würde.

Da gibt es jetzt die Jungs und Mädels von der Hayek Front. (Also überwiegend sind es Jungs.) Die sind bei www.hayek.de versammelt und Freunde der Freiheit. Deren Märchen geht jetzt so. Niedrige Zinsen halten Zombie Unternehmen am Leben, also Unternehmen, die eigentlich nicht rentabel sind und nur dank billiger Kredite überleben können. Diese Zombie Unternehmen nehmen jetzt aber Resourcen in Beschlag, die anderweitig produktiver eingesetzt werden könnten. Also zu Deutsch: Weil es Unternehmen gibt, die Abfall noch mit der Hand trennen und dann verkaufen, was wohl ziemlich wenig Gewinn abwirft, fehlen in der Chip Industrie Arbeitskräfte. Zusammenfassend: Die Jungs haben eine Dachschaden. Derjenige, der die verschiedenen Kunststoffe händisch sortiert, baut keine Chips und auch wenn die Rentabilität nicht besonders ist, ist das eine höchst sinnvolle Arbeit. Bei einem hohen Zins würde er nicht in der Chip Industrie arbeiten, sondern wäre schlicht arbeitslos. Andererseits kann das Unternehmen mit der höheren Rentabilität immer mehr bezahlen, also Löhne, als das Unternehmen mit geringer Rentabilität. Die knappen Resourcen wandern also auch bei einem Zinssatz von Null in die produktivste Verwendung. Der Autor vermutet, dass den, überwiegend verbeamteten Freiheitskämpfern, die ganze keynesianische Theorie undurchschaubar und suspekt ist und sie die aberwitzigsten Argumente anschleppen, um ihren Hayek zu retten. (Der im übrigen im universitären Umfeld keine Rolle mehr spielt.)

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