staunen, nicht ärgern

Marktwirtschaft: Maximale Kontrolle oder maximale Freiheit?

Faktisch ist der Wettbwerb die einzige Möglichkeit, eine Wirtschaft zu steuern. Jede andere Methode führt zu endlos langen Diskussionen. Gäbe es Tesla nicht, wäre VW ad calendas graecas der Meinung, dass man für die Produktion eines Autos dreißig Stunden braucht. Macht Tesla das in zehn Stunden, dann erübrigt sich die Diskussion. Kontrolle durch Wettbewerb hat den unbestechlichen Vorteil, dass extern nicht kontrolliert werden muss. Das System kontrolliert sich selber. Das erklärt auch, warum Unternehmen ab einer bestimmten Größe Vorleistungen einkaufen. Es ist einfacher, Marktpreise zu vergleichen, anstatt innerbetrieblich über Controlling für eine effiziente Leistungserstellung zu sorgen.

Das Reich der totalen Freiheit ist das Berufsbeamtentum. Beim Finanzamt kann man durchaus bei sommerlichen Temperaturen um 13 Uhr nach Hause gehen. Es gibt Finanzämter in Berlin, die sind im Sommer nach 13 Uhr restlos entvölkert, was der Pförtner mit gleitender Arbeitszeit erklärt und beim Finanzamt für Körperschaften frühstückt man eigentlich immer. Ehemalige DDR Bürger fassen das so zusammen: Freitag nach eins / Macht jeder seins.

Die Begründer der sozialen Marktwirtschaft, wobei der Begriff reines Marketing ist, ähnliche soziale Sicherungssysteme finden sich überall, also Walter Eucken und Alfred Müller-Armack, sprechen in Bezug auf die Marktwirtschaft deshalb auch von einem Apparat. Der Begriff insinuiert schon das Entscheidende. Die Marktwirtschaft ist ein Apparat, der wie von Geisterhand bewegt, die Prozesse optimiert. Den beteiligten Menschen bleibt nichts anderes übrig, als sich anzupassen.

Nebenbemerung: Es gibt eine breite Diksussion darüber, ob der homo oeconomicus ein realistisches Menschenbild ist. Diese Diskussion ist vollkommen sinnfrei. Es geht bei Adam Smith nicht um die Frage, ob allen Menschen die Jacke näher ist als die Hose. Es geht um die Frage, wie man eine Volkswirtschaft steuert. Wenn der erfolgreiche Unternehmer sich nebenbei noch karitativ betätigt, ist das sicher begrüßenswert, wobei er ja durch die effiziente Leistungserstellung, die die conditio sine qua non für sein Überleben als Unternehmer darstellt, der Lebenstandard der Gesellschaft erhöht wird. Die Kunden haben immer die Möglichkeit, die Brötchen beim Bäcker nebenan zu kaufen, um in diesem Beispiel zu bleiben. Tun sie das nicht, geht es ihnen offensichtlich besser, wenn sie die Brötchen beim effizienten Bäcker kaufen. Ob der Unternehmer jetzt ein homo oeconomicus ist oder nicht, ist völlig egal. Man kann finden, dass der Wettbewerb entsolidarisiert. Man kann aber auch finden, dass das vollkommene Reich der Freiheit des Berufsbeamtentums noch viel mehr entsolidarisiert, denn diese Freiheit muss vom Steuerzahler finanziert werden. Entscheidend ist die Frage, ob der Wettbewerb zu einer qualitativ und / oder quantitiven besseren Versorung führt. Dann ist er marktwirtschaftlich sinnvoll. Haben wir lediglich, wie derzeit im Aktienmarkt, lediglich eine Preissteigerung, dann ist der Wettbwerb sinnfrei.

Dass Adam Smith vor allem Kontrolle meint, sieht man auch daran, dass er Unternehmer ganz prinzipiell für bösartig hält. Egal wo die sich treffen, in der Kneipe oder sonstwo, versuchen sie den Wettbewerb auszuschalten, das heißt sich zusammenzuschließen und so höhere Preise durchzusetzen. Irrtümlich ging er davon aus, dass der Staat das nur sehr begrenzt verhindern kann. Tatsächlich erließt der Senat der USA schon 1890 den sogenannten Sherman Act, der Absprachen zur Verhinderung des Wettbewerbs unter Strafe stellte und dem Staat die Möglichkeit gibt, für ausreichenden Wettbewerb zu sorgen. Auch das ist also kein genialer Einfall von Walter Eucken.

Irgendwann hat, ein Wendepunkt war wohl das Buch Capitalism and freedom von Milton Friedman, erschienen 1962, der Begriff Marktwirtschaft ein Wendung erfahren. Der Begriff Marktwirtschaft, wobei Milton Friedman das Ding Capitalism nennt aber Marktwirtschaft meint, Kapitalismus ist eigentlich was total anderes, geht bei Milton Friemdann eine Symbiose ein mit dem Liberalismus à la John Stuart Mill und bewegt sich in Richtung Anarcho Kapitalismus à la Murray Rothbard. (Ein Schritt, der dann von seinem Sohn David Friedman und seinem Enkel Patri Friedman endgültig vollzogen wird.) Manche Elemente des Theoriegebäudes von Adam Smith bleiben zwar erhalten und werden sogar besonders betont, wie etwa die dezentrale Steuerung der Resourcen über die Preise, aber das Element Kontrolle fällt vollständig weg. Die Marktwirtschaft wird jetzt zum Bollwerk gegen einen übergriffigen Staat. Je mehr Resourcen der Staat an sich zieht, desto mehr Macht gewinnt er. Die Gefahren, die sich aus dieser Konstellation ergeben, dekliniert er dann an x-Beispielen durch. Kann man bei www.youtube.com betrachen, wenn man free to chose als Suchbegriff eingibt. Über weite Strecken sind seine Analysen zutreffend, wenn auch nicht besonders spektakulär. Das Grundproblem bei Milton Friedman ist nicht seine Beurteilung der marktwirtschaftlichen Ordnung an sich, deren Stärke hat auch Keynes nie in Frage gestellt. Sein Problem ist, dass er völlig irrige Vorstellungen über die Funktion des Geldes hat, was aber im Moment nicht unser Thema ist. Näheres hierzu unter www.economics-reloaded.de.

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