staunen, nicht ärgern

Liegt der Deklination eine andere Wahrnehmung zugrunde als die Bestimmung der Funktion eines Objektes mihilft von Präpositionen?

Präpositionen werden in Grammatiken äußerst stiefmütterlich behandelt, die meisten Leute gehen davon aus, dass es triviale Erscheinungen sind, die ohne weiteres verständlich sind.

Was oft der Fall ist, auf = sur / sobre / on / sopra / ruje etc. Soweit so simpel. Genau genommen ist aber nicht mal das so richtig trivial. Manche Sprachen präzisieren die räumliche Verhältnisse präziser als andere, z.B. auf / über ist im Spanischen sobre / sobre, allerdings kann im Spanischen in beiden Fällen ein Kontakt bestehen oder nicht. Im Englischen hängt ein Bild auf der Wand, im Spanischen in der Wand und im Französischen über der Wand. Manche Sprachen, z.B. Deutsch, unterscheiden zwischen fixer Position und Bewegung, man geht in den Garten ist aber im Garten. Verlangt das Verb die Präposition, kann die Präposition schwach bis gar nicht motiviert sein. Im Deutschen ist man über etwas überrascht, genauso schick wäre es aber, wie in anderen Sprachen, wenn man von etwas überrascht ist. Dann gibt es noch die breite Palette der Präzisierungen, die in den unterschiedlichen Sprachen unterschiedlich realisiert werden, bzw. nicht realistiert werden. Liegt ein Dorf unterhalb des Berges, geht das in Ordnung. Liegt es unter dem Berg, dann hatten wir wohl ein gravierendes Naturereignis. Die Unterscheidung wird aber nicht in allen Sprachen getroffen. Dann gibt es noch so hübsche Dinge wie Pronominaladverbien, worüber, darüber etc.. die in den jeweiligen Sprachen unterschiedlich realisiert werden. Last not least unterscheiden manche Sprachen zwischen Präposition und Adverb, im Deutschen geht man runter, aber ist man erstmal runtergegangen, dann ist man unten. Auch hier haben wir gravierende Unterschiede. Das alles hat den Autor veranlasst, in den Grammatiken, die er schreibt, den Präpositionen eine erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen. Also schon rein sprachdidaktisch sind Präpositionen ein Problem und alles andere als trivial. Im Moment ist der Spracherwerb aber nicht unser Thema.

Unser Thema ist das: Es gibt prinzipiell zwei Möglichkeiten, die Funktion eines Objektes im Satz zu klären. Mit einer Änderung des Wortes selbst oder mit einer Präposition.

(Kurze Nebenbemerkung: Klärt man die Funktion der Objekte nicht, erhält man sowas.

Die Schwester meine Mutter hat gestern das Kind ein Apfel geschenkt.

Kann man entschlüsseln, kommen aber viele Sätze dieser Art hintereinander, dann wird es schwierig.)

Der Mann schenkt dem Jungen einen Apfel.

Genaus so schick wäre

Der Mann schenkt zu der Junge ein Apfel.

Wie wir unmittelbar erkennen, könnte man genauso gut mit Präpositionen konstruieren, ein Deutsch Muttersprachler würde den Satz sofort verstehen.

Die Schwester von mein Mutter hat gestern zu dem Kind ein Apfel geschenkt.

Die Tatsache, dass der Satz auch mit Präpositionen konstruiert werden kann, obwohl ein Deutsch Muttesprachler solche Sätze, außer beim Genitiv (das Haus meines Vaters <=> das Haus von meinem Vater) nie gehört hat, es also nichts ist, was er erlernt hat, beweist schlagend, dass das menschliche Gehirn räumliche Verhältnisse auf alle möglichen anderen Verhältnisse überträgt.

Man könnte also über die Gründung einer neuen Wissenschaft nachdenken, parallel zur Evolutionsbiologie. (Das ist die wissenschaftliche Variante, Darwin ist die Version light.) Die neue Wissenschaft hieße dann Evolutionslinguistik, was was ganz anderes wäre als diachronische Sprachwissenschaft, die sich ja überwiegende mit Lautverschiebungen beschäftigt, was relativ trivial ist. Die Evolutionslinguistik würde sich mit der Frage beschäftigen, wie die Sprache sich an die gegebenen Strukturen des Gehirns anpasst. Die diachronische Sprachwissenschaft kommt weitgehend ohne das Gehirn aus, welches die Sprache produziert.

Wir können davon ausgehen, dass bei unseren sehr frühen Vorfahren eine räumliche Vorstellung vorhanden war. Räumliche Verhaltnisse zu erfassen ist relativ einfach, die hat man ja vor den Augen, und auch absolut überlebenswichtig. Bzgl. der sehr schnellen Erfassung räumlicher Verhältnisse sind die Schimpansen dem Menschen sogar überlegen. (Zu dem Thema gibt es x-Studien, z.B. hier https://www.scinexx.de/news/biowissen/schimpansen-loesen-labyrinth-besser-als-kinder/). Wir können also davon ausgehen, dass alle Präpositionen sich ursprünglich auf räumliche Verhältnisse bezogen, die räumlichen Verhältnisse also die Mutter aller Präpositionen sind.

Zeitliche Verhältnisse benötigen einen höheren Abstraktionsgrad, zeitliche Verhältnisse hat man nicht vor den Augen, sie liegen nur gedanklich vor und sind manchmal auch durch kausale, adversative, konditionale, konzessive etc. Verhältnisse miteinander verknüpft. Vermutlich waren unsere Ahnen ursprünglich nur in der Lage, rein chronologische Verhältnisse zu beschreiben, er jagt eine Wildsau, dann macht er Feuer, dann brät er das Wildschwein etc.. Ein höherer Abstraktionsgrad liegt vor, wenn auch komplexere logische Beziehungen beschrieben werden: Wenn er es schafft, mit nassem Holz ein Feuer zu machen, wird er das Wildschwein braten. Hier haben wir nicht nur einen zeitlichen Zusammenhang, sondern auch einen konditionalen.

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