staunen, nicht ärgern

Ist extrinsische Motivation affirmativ?

Die „innere Einstellung“ der Bevölkerung zum NS-Regime wurde schon oft untersucht. Es gibt lange Debatten über Institutionen wie die Armee oder das Berufsbeamtentum gegenüber der Weimarer Republik, also deren Demokratiefeindlichkeit. Lange Debatten darüber, ob sich die Leute nach den zeitweise chaotischen Zustände in der Weimarer Republik nicht nach einem Führer sehnten, der wieder für Ruhe und Ordnung sorgt. Ausführliche Analysen über den Charakter des Faschismus, die dann dazu tendieren, den Faschismus als solchen für ein echtes Programm zu halten und ihn vergleichen mit ähnlichen Bewegungen in Spanien oder Italien und last not least gibt es auch noch, von Ernst Nolte, obskure Theorien, die den Faschismus als Reaktion auf den sowjetischen Totalitarismus sehen wollen. Die autoritäre Persönlichkeitsstruktur, siehe https://en.wikipedia.org/wiki/The_Authoritarian_Personality, ist eine andere Art der Motivsuche. Diese Studie beschreibt sozusagen, 30 Jahre nach dessen Geburt, Diederich Hessling im Roman der Untertan von Heinrich Mann. Das passt eigentlich noch, wenn man den Freudschen Klimbin weglässt, noch am ehesten zur extrinsischen Motivation. Die extrinsische Motivation wird sich mit den herrschenden Wertvorstellungen identifizieren. Es ist anstrengend, zwischen der karrierefördernden und rein äußerlichen Übernahme der Wertevorstellungen der Gesellschaft und der inneren Überzeugung dauerhaft zu trennen. Einfacher ist es für die Seelenruhe, sich total mit der Macht zu identifizieren.

Plausibler ist es anzunehmen, dass die „innere Einstellung“ schlicht egal war und die extrinsische Motivation ein race to the bottom in Gang gesetzt hat. Möglicherweise ist der Grund für die komplexe Motivsuche, dass die Problematik der rein extrinsischen Motivation die ganze Gesellschaft zu allen Zeiten durchdringt und von daher viel grundsätzlichere Fragen stellt.

2) Ist extrinsische Motivation das gleiche wie der homo oeconomicus?

Leitbild der Wirtschaftheorie ist der homo oeconomicus. Das ist ein Typ, der sich rational verhält und rational heißt in den Wirtschaftswissenschaften, dass der Gewinn maximiert wird. Ob es diesen Typ in der Realität tatsächlich gibt, wird heiß diskutiert, aber die Sachlage ist im Grunde klar. a) gibt es ihn und b) ist er innerhalb der marktwirtschaftlichen Ordnung höchst sinnvoll. Räumen wir mal kurz mit den üblichen Denkfehlern auf und fangen bei b) an. Der homo oeconomicus agiert ein EINEM KÜNSTLICH GESCHAFFENEN, vom STAAT KÜNSTLICH aufrecht erhaltenen System und innerhalb dieses KÜNSTLICHEN SYSTEMS, hat der homo oeconomicus eine gesamtwirtschaftlich sinnvolle Funktion, denn die marktwirtschaftliche Ordnung tendiert dazu, Macht zu brechen. Der homo oeconomicus kann also nur möglichst billig Waren und Dienstleistungen anbieten, also zumindest billiger und besser als die Konkurrenz. Tut er das nicht, geht er pleite. Das muss man jetzt mal einsehen. Den homo oeconomicus kann man nicht isoliert betrachten. Es geht nur um seine Rolle innerhalb eines Systems. Das Argument, dass Menschen doch nicht so sind, dass sie auch religiöse Bindungen haben, altruistische Motive, liebende Familienväter sind etc. etc. ist in diesem Zusammenhang völlig irrelevant zumal die Handlungsoptionen des homo oeconomicus innerhalb einer marktwirtschaftlichen Ordnung eingeschränkt sind. Der homo oeconomicus ist also ausschließlich extrinsisch motiviert. Er bietet Waren und Dienstleistungen an, die er dann gegen irgendwas tauschen kann; in der Regel bekommt er für seine Waren und Dienstleistungen Geld. Damit es nicht zu wirr wird, sollte man das, was zur reinen Ökonomie gehört erstmal vom Rest trennen. Kritisiert man die freie Marktwirtschaft, sollte man prüfen, ob die Ziele, die diese erreichen will, z.B. die optimale Allokation der Resourcen, auch tatsächlich gegeben ist, siehe z.B. https://theatrum-mundi.de/geraet-die-marktwirtschaftliche-ordnung-an-ihre-grenzen/ , https://theatrum-mundi.de/vermoegensverteilung-und-effizienz/ , https://theatrum-mundi.de/die-leistung-und-die-marktwirtschaftliche-ordnung-gerechtigkeit-und-mobilitaet/. Als Kritik kann man anführen, dass die freie Marktwirtschaft zu einer sehr ungleichen Verteilung führen kann und die Vermögendenden mangels Information nicht mehr in der Lage sind, die Resourcen optimal zu alloziieren. Des weiteren löst die freie Marktwirtschaft ihr Versprechen dann nicht ein, wenn die hypostasierte Mobilität nicht gegeben ist. Um mal ein paar Kritikpunkte zu nennen.

Der Begriff extrinsische Motivation entstammt der Psychologie oder der Soziologie und dieser Begriff wird nicht innerhalb einer vorgebenen Ordnung verwendet.

3) Zementiert extrinsische Motivation die Verhältnisse?

Der Begriff extrinsische Motivation zielt darauf ab, von jemand anderes etwas zu bekommen. Es kommt auf den Tausch an. Der extrinsisch motivierte will von jemandem etwas bekommen und tut etwas, um eben das zu bekommen: Macht, Ansehen, Vermögen, Sicherheit, Liebe oder was auch immer. Der Unterschied zur intrinsischen Motivation ist nicht der „innere Antrieb“, wie man immer wieder liest, denn der ist auch bei der extrinsischen Motivation gegeben. Der Begriff extrinsische Motivation macht keine Aussagen darüber, WAS jemand bekommen will. Es wird nur eine Aussage darüber gemacht WIE er es bekommen kann, nämlich durch Tausch. Das WAS ist völlig offen. Jemand kann, wenn er schwer verliebt ist, einiges unternehmen, um Symathie zu gewinnen und jemand, der Erfolg und Ansehen haben will, kann, z.B. den Massenmord effizient organisieren. Sagen kann man höchstens, dass manche Ziele, etwa Bildung, durch Tausch gar nicht erworben werden können, wohingegen andere Ziele, Ansehen, Macht, Geld, Vermögen etc. nur durch Tausch erworben werden können. Idealtypisch lässt sich sagen, dass der intrinsisch Motivierte auf Ziele, die nur durch Tausch erreicht werden können, überhaupt keinen Wert legt. Betätigen sich Unternehmen, Schauspieler und sonstige Promis etc. karitativ, dann sind sie extrinsisch motiviert, das steigert, vorausgesetzt karitative Tätigkeiten finden die Zustimmung der Gesellschaft, deren Marktwert. Wer intrinsisch motiviert ist, betätigt sich vielleicht auch karitativ, erzählt das aber niemanden. Der Unterschied liegt im Tausch, nicht im Motiv, wobei bei der extrinsischen Motivation eine Tendenz besteht, das Motiv an das gesellschaftlich Angesagte anzupassen, also z.B. sich für mehr Umweltschutz zu engagieren, wenn das gesellschaftlich positiv bewertet wird. (Oder eben karitativ tätig zu sein, wenn es sich um deutsche Volksgenossen handelt, aber an der Ausbeutung und Elimination nicht deutscher Volksgenossen zu beteiligen.) Bei der intrinsischen Motivation spielen, idealtypisch, die Wertschätzung und damit das Wertesystem der Gesellschaft keine Rolle. Das muss sachlogisch so sein. Es ist schwer vorstellbar, dass der extrinsisch motivierte innerlich an Werten festhält und nur rein äußerlich, als Gut das er tauschen kann, Werte unterstützt, die er eigentlich nicht teilt. Er wird dann, das ist das Dietrich Hessling Schema, zur Wahrung seines Seelenfriedens auch innerlich die Werte hochschätzen, für die er einen Tauschwert erhält.

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