staunen, nicht ärgern

Ist die Marktwirtschaft rational?

Rational heißt in diesem Zusammenhang, dass die Resourcen optimal eingesetzt werden, dass es also keine effizientere Nutzungsmöglichkeiten gibt. Die Suada geht so:
(Wer es ganz detailliert haben will, muss auf https://www.economics-reloaded.de gehen.) In der klassischen Nationalökonomie gibt es drei Produktionsfaktoren, nämlich Arbeit, Kapital und Boden. (Den Boden sparen wir uns jetzt, das Ding ist schon ohne Boden wirr genug, wer es detailliert haben will siehe hier, https://economics-reloaded.de/1_Klassik/David_Ricardo/1_2_1_David_Ricardo.htm. Das führt dann zu dem ganzen Rentenquark, das müssen wir nicht durchkauen.) Wir haben also als Produktionsfaktoren nur noch Arbeit und Kapital. (Wir differenzieren auch nicht zwischen klassischer und neoklassischer Nationalökonomie, das macht Keynes auch nicht, weil es keinen Sinn macht.)

Das Ding läuft jetzt so. Die Wirtschaftssubjekte haben jetzt Arbeit und Kapital und setzen diese da ein, wo der Profit am größten ist, bzw. passen die Produktion so an, dass der Profit maximiert wird. Wird also Gas teurer, kommt es zu Hunderttausenden von Anpassungen. Erdgas wird durch Biogas ersetzt oder durch einen ganz anderen Energieträger, manche Leute werden sich einen Pullover anziehen, manche Produktionen, z.B. Glasflaschen, werden irgendwo anders produziert, es wird attraktiv, in Wärmedämmung zu investieren etc. etc.. Dann gibt es noch eine ganze Reihe von sekundären Auswirkungen, z.B. müssen die Biogasanlagen produziert werden, es wird interessanter, in diesem Bereich zu forschen etc. etc. etc.. Es passiert also richtig heftig viel.

Die Grundidee dahinter ist, dass jedes Wirtschaftssubjekt seine persönliche Situation am besten kennt und von daher am ehesten weiß, wie es sich auf eine Veränderung der makroökonomischen Parameter am besten einstellt, bzw. die Resourcen, die ihm zur Verfügung stehen, optimal nutzt. Der Bäcker z.B. hat ein Kapital von 50 000 Euro und wäre der Gaspreis geblieben wie er ist, hätte er in einen Ofen zur Produktion von Baumkuchen investiert. Da sich die Situation aber geändert hat, investiert er in eine Biogasanlage. (Zumindest bei der industriellen Produktion von Backwaren denkbar.) Wenn jetzt jede Wirtschaftseinheit seine Resourcen optimal alloziiert, dann sind auch makroökonomisch die Resourcen optimal alloziiert. (Man braucht jetzt nich viel Phantasie, um das auf den Faktor Arbeit zu übertragen. Wenn Bretzeln industriell in der gleichen Qualität produziert werden könne wie handwerklich, dann werden die Bäcker umsteigen auf Produkte, die sich in gleicher Qualität eben nicht industriell herstellen lassen.)

Das Verfahren führt dann zu einem natürlichen Preis für die Produktionsfaktoren. Es wird solange umgeschichtet, bis der Grenzertrag der letzten Einheit in allen Verwendungen gleich ist. Sprich: Solange der Bäcker mit dem Verkauf von Milchbrötchen, yep, sowas gab es früher, da wurde getrennt zwischen Milchbrötchen und Wasserwecken, mehr verdient als mit dem Verkauf von Bretzeln, wird er Milchbrötchen produzieren. Irgendwann allerdings verdient er allerdings mit den Milchbrötchen soviel wie mit den Bretzeln, dann wird er die Produktion von Milchbrötchen nicht mehr weiter ausdehnen. Das gleiche Schema kann man jetzt aus Sicht der Konsumenten durchdeklinieren. Ein Haushalt wird solange Reis kaufen, bis ihm der Reis zum Hals raushängt. Dann wird er umsteigen auf Nudeln. Die gleichgewichtige Situation ist also dann erreicht, wenn der Nutzen der letzten paar Reiskörner genau so hoch ist, wie die der letzten Nudel.

So weit, so simpel. Wer Volkswirtsaftlehre studiert, der macht das jetzt drei Semester lang mit allen möglichen mathematischen Modellen, bei Marshall über Differentialrechnung, bei Walras über lineare Gleichungssysteme, bei Pareto über die Edgworth Box. Das ist dann ein hübsches Beispiel für Marktversagen, denn das ist die maximale Fehlallokation der Mittel. Was sich in zwei Minuten abhandeln lässt, kann man auch in zwei Minuten abhandeln. (Erschwerend kommt hinzu, dass bei dem ganzen mathematischen Hokuspokus die Studis am Schluss vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen. Die Studis können dann zwar den Cournotschen Punkt berechnen, aber die Funktion von Preisen in einer Marktwirtschaftlichen Ordnung haben sie dann immer noch nicht verstanden. Die Lektüre der Originalwerke, Adam Smith, Alfred Marshall wäre da zielführender. Dann noch Keynes im Original und der Drops wäre gelutscht. Das geht in zwei Semestern. Den Rest der Zeit kann man dann mit der Lösung real existierender Probleme verbringen. Dass im Gleichgewicht die Konsumentenrente und die Produzentenrente maximal ist, ist nicht unser zentrales Problem.)

 

Dass diese Art der Koordinierung über Preise der Planwirtschaft überlegen ist, erscheint auf den ersten Blick erstmal plausibel. Eine zentrale Planungskommission à la DDR müsste jetzt über Millionen von individuellen Situationen genau so detailliert informiert sein, wie diese Millionen von Wirtschaftssubjekten, was schlicht unmöglich ist. Hinzu kommt ein zweites Problem. Die zentrale Planungskommission hat überhaupt keinen Incentiv, sich an veränderte Bedingungen anzupassen. Ein hübsches Beispiel hierfür sind Fakultäten für wirtschaftswissenschaftliche Studiengänge. Die werden ad calendas graecas den Walras und Pareto Kram wiederkäuen. Damit verdienen nun mal ihr Geld. Anpassung macht Mühe, bringt aber nicht mehr Schotter. (Anders formuliert, das zentrale Moment der marktwirtschaftlichen Ordnung fehlt in den meisten Lehrbüchern. Die martkwirtschaftliche Ordnung ist die maximale Kontrolle mit sehr heftigen Sanktionsmechanismus. Alloziiert der eine Bäcker seine Resourcen besser als der andere, dann scheidet letzterer langfristig aus. Anders formuliert: Wenn Bretzeln aus tiefgefrorenen Teiglingen industrieller Fertigung die gleiche Marktaktzeptanz haben, wie handwerklich gefertigte Bretzeln aber nur die Hälfte kosten, dann nützt es erstmal nix, wenn der Bäckermeister aus Stolz an der handwerklichen Produktion festhält.)

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