staunen, nicht ärgern

Die Gesellschaft ist vielleicht nicht Multikulti, aber auf jeden Fall Multiirgendwas und Multiirgendwas ist so was ähnliches wie Multinichts.

Perfektioniert hat das Blinklist: https://www.blinklist.com. Das Teil ist zwar ökonomisch nicht wirklich erfolgreich, die haben inzwischen einen Verlustvortrag von 31 Millionen Euro bei einem nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 7 Millionen, aber insgesamt helfen die beim Smalltalk. Wie die das konkret mit dem Urheberrecht regeln ist zwar unklar, aber die bieten Zusammenfassungen von Büchern. Das hat den unbestechlichen Vorteil, dass man das Original ungelesen ins Bücherregal stellen kann und der Smalltalk auf der Zusammenfassung basiert. Das ist eine echte Hilfe. Da gibt es z.B. ein Buch von Pamela Obermaier / Marcus Täuber, Gewinner grübeln nicht.

„Zwei Psychologen aus den USA, Matthew Killingsworth und Daniel Gilbert, veröffentlichten 2010 eine Studie mit dem vielsagenden Titel: A wandering mind is an unhappy mind. Mithilfe einer Smartphone-App analysierten sie die Gedanken von über zweitausend Testpersonen. Über den Tag verteilt fragte die App sie, was sie gerade taten, woran sie dachten, und wie sie sich fühlten. Das Ergebnis: Rund die Hälfte der Zeit konzentrierten sich die Studienteilnehmer nicht auf ihre Tätigkeit, sondern waren mit den Gedanken in der Vergangenheit oder der Zukunft. Ist das ein Problem?“

Da hätte der Autor einen viel besseren Tipp. Da die Divina Commedia ja Grübeln in Reinkultur ist, würde er das Buch einfach nicht kaufen, wobei die Option der Dante Fans natürlich möglich ist. Man kauft es zwar, aber beschäftigt sich nicht damit, dann wird auch nicht gegrübelt.

Immerhin sind die Dante Fans und die Kundschaft von Blinklist ehrgeizig, wobei unklar bleibt, auf was sich der Ehrgeiz konkret bezieht.

Pamela Obermaier, also die, die nicht grübeln will, imponiert jetzt dem Autor.

„Nach ihrem Studium der Psychologie, Philosophie und Germanistik arbeitete Pamela Obermaier lange als TV-Journalistin und Radiomoderatorin. Sie ist außerdem Autorin zahlreicher Sachbücher zum Thema Erfolg und setzt ihre neurolinguistischen Kenntnisse darüber hinaus als Beraterin, Coach und Rednerin ein. “

Die hat es geschafft, ohne Grübeln Philosophie und Germanistik zu studieren. Wow! Wobei, wenn man darüber nachdenkt, das inzwischen auch Schüler schaffen. Auf die Idee, dass man durch das Deutsch-Abitur auch mit Wikipedia kommt, sind die inzwischen auch schon gekommen. Wenn nicht, hilft youtube: https://www.youtube.com/watch?v=JiHBO_Ey5HU. Geht aber noch kürzer. Frustrierter Professor, der seinen Studis jahrelang Müll erzählt hat, will jetzt mal ordentlich einen drauf machen. Legt mit der Hilfe von Mephistopheles eine scharfe Braut flach, schwängert sie und macht sich dann vom Acker. Drama Ende. Die Leute sind begeistert, Blinklist getoppt.

„Das Video ist mega anschaulich gemacht und super spannend, auch wenn ich das Buch nicht kenne. Bitte mehr davon. 🙂 LG“

„Eine wirklich gute Zusammenfassung, besonders weil sie sehr deutlich, und einfach ausgedrückt worden ist. Die Struktur ist auch top! Einen Abend vor dem Test noch mal eine Zusammenfassung…. ich hoffe auf ein gutes Ergebnis.“

Vermutlich ist das Ergebnis tatsächlich top, denn der Lehrer hat sich bei Blinklist schlau gemacht. (Oder beim Klett Verlag in der Reihe Lesehilfen.)

Worauf sich der Ehrgeiz jetzt konkret richtet, ist weitgehend unklar. (Bei Schülern halt auf die Note. Will man ein NC Fach studieren, ist das relevant.)

Am anderen Ende der soziologischen Skala haben wir dann die Rap Fans. Da gibt es kein Small Talk mehr über ursprünglich dicke Bücher mit verquaster Schreibe. Eine Gruppendynamik haben wir da auch, aber die ist ganz anders als bei den Dante Fans. Allerdings wird Dante da an Verquastheit noch getoppt. Klingt irgendwie so, wie wenn das lyrische Ich voll zugedröhnt ist.

Yeah, der Boss ist back, Bitch

Bullen hab′n den Brennpunkt im Fokus wie beim Lupenglas-Effekt (check)
Und jagen den Boss neuerdings mit US-Army-Weapons
Denn er regelt hier die Drug-Deals und die Zuhältergeschäfte (yeah)
Mit Ruhe und Finesse werden Schutzgelder erpresst (aha)
Besser, wenn du mir dein’n ganzen Lohn gibst
Amputations-Shit, weil du bald dein Standbein los bist (tzhe)
Du bist nur in deiner Fiktion mächtig
Der Boss klärt sich deine Mutter und – prächtig
Ich trag′ Weißfuchsschwanz-Pelze (yeah)
Und Ehefrau’n besorgen sich die Leistungstabelle ihrer Scheidungsanwälte
Plus Reizunterwäsche (tzhe)
Mit der sie anbiedernd den Boss stalken wie ’ne Polizeifunkantenne
Kid, das Koka weiß wie ein Zitronenfalter
Elektronische Fußfessel als mein Pistolenhalfter
Und während ich Rambo in den Fortsetzungen spiele
Machst du Muschilecker bei dei′m Girl an Fotze Zungenspiele

???? (In dem Stil geht das jetzt ewig: https://www.songtexte.com/artist/kollegah-3bd6d4bc.html) Vermutlich ist das lyrische Ich der Boss, der ist stolz darauf, dass er Weißfuchstschwanz-Pelze trägt, was total toll, weil political incorrect, ist. Vermutlich hat er eine Beziehung zu Ehefrauen oder sonst irgendwelche Bitches, die kauft sich nämlich Reizunterwäsche (für ihn?). Wahrscheinlich ist da ein Zwiegespräch drin mit einem Opfer, dem er den Lohn abnimmt und dessen Mutter wahrscheinlich auch genagelt wird. Dass die Polizei in Deutschland mit Kriegswaffen, durch die Straßen patrouilliert glaubt der Autor jetzt nicht wirklich, aber auf die Details kommt es wohl nicht an. Am Schluss erfahren wir noch, dass auch das Opfer sexuelle Erfahrungen macht, die aber negativ konnotiert sind. Keine Frage, also zumindest vordergründig ist das eine ganz andere Nummer als Dante.

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