staunen, nicht ärgern

der Tod: Eine poetische Betrachtung eines ernsten Themas

Ein bisschen einen anderen Dreh bekommt die Angelegenheit dann in den monotheistischen Religionen. Da haben wir immerhin mal einen echten Bruch. Das Jenseits ist ein radikaler Gegenentwurf zum Diesseits, aber man kommt da nur hin, wenn man sich gottgefällig benimmt, also z.B. nicht begehrt des nächsten Weib, Hof etc., seine eigenen Eltern ehrt unabhängig von der Frage, ob die sich zivilisiert benehmen oder nicht und bzgl. Mord gelten die Vorschriften des Strafgesetzbuches, wenn auch mit einer Pointe. Es heißt du sollst nicht töten. Sollen steht aber nur, wenn etwas moralisch geboten ist, ohne dass eine Instanz existiert, die mit ausreichend Macht ausgestattet ist, dass Gebotene auch durchzusetzen. Das Strafgesetzbuch ist da also knallhart. Es heißt: Wenn du mordest, gehst du für mindestens 15 Jahre in den Knast.

Bei den monotheistischen Religionen haben wir also mehr oder weniger Vorstellungen, die mit der Demokratie kompatibel sind. Würden man in einem demokratischen Entscheidungsprozess die Leute nach ihrer Meinung fragen, wäre der Mörder gegen Mord, der Bankräuber gegen den Bankraub, und der Verleumdner gegen Verleumdnung. Das ist naheliegend. Andernfalls könnte jeder den Mörder morden, dem Bankräuber wäre die Geschäftsgrundlage entzogen und jeder könnte im Internet platt gemacht werden. Wer also glaubt, dass man für die Gebote Nummer 4,5,6,7,8,9,10 Gott braucht, der liegt völlig falsch. Jeder demokratische Entscheidungsprozess hätte zum selben Ergebnis geführt, weswegen die, nennen wir es mal Grundlagen, überall gleich sind, was man im übrigen schon daran merkt, dass die Gegenpositionen, du sollst töten, du sollst begehren deines nächsten Haus, du sollst stehlen etc. ziemlich gaga wäre. Also Sadam Husein, Putin, Gadhafi etc. sind ja auch der Meinung, dass die diese Gebote gelten sollten, nur eben nicht für sie persönlich.

Der Rest der zehn Gebote, also das mit den anderen Göttern, die man nicht haben soll, dass man Gott nicht beleidigen soll etc. erklärt sich dann anders, ist aber auch nachvollziehbar. Benimmt sich das Volk Israel mal wieder daneben, tanzt z.B. um das goldene Kalb oder verehrt Baal, dann ist Gott stinkesauer und die Israelis verlieren eine Schlacht, umgekehrt umgekehrt. Sind sie brav, dann gewinnen sie. Das ist raffiniert, den in beiden Fällen wird die Existenz Gottes nicht in Frage gestellt. Sitzt man also mal wieder in der Scheiße, dann muss man lediglich auf den Pfad der Tugend zurückkehren, Gott besänftigen und alles wird gut. (Was ja auch in Azteken Kultur existiert, aber die waren krasser drauf. Um die Götter zu besänftigen, brauchte es da Menschenopfer.) Insofern hat die Menschheit ihr Schicksal in der Hand. Übel ist nur, wenn es keinen Gott gibt, was wiederum auch eine alte Idee ist. Kann man durch das Opfern eines Lammes Neptun dazu bringen, die Meereswogen zu glätten, dann hat man ja noch Einfluss. Nicht ganz so zielführend wie der Bau entsprechender Schiffe, aber immerhin. In der Neuzeit hat man dann den Priester durch den Ingenieur ersetzt. (Was auch nicht alle Leute überzeugt. Manche Leute vertrauen mehr den Schamanen. Also Esoterik und Ingenieurswissenschaften behandeln also das gleiche Sachgebiet, die Unsicherheit. Statistisch gesehen sind die Ingenieure aber erfolgreicher. Dasselbe Phänomen finden wir im übrigen auch beim Sport, wenn sich die Athleten bekreuzigen um Gottes Beistand zu erbitten. Logisch gesehen auch nicht besonders schlüssig, denn wenn die Konkurrenz das auch macht, steht es wieder 1 zu 1.)

Also Gesetz 1,2,3, das mit den keinen anderen Götter neben Allah, ist instrumentell zu verstehen. Gibt es einen Gott, kann der die Dinge auch regeln, wenn man sich anständig benimmt. Die restlichen sind logisch, das Gegenteil wäre gaga.

Die monotheistischen Religionen erfüllen also mehrere Bedürfnisse, weshalb sie sich auch lange gehalten haben, aber sehr viel deutlicher als in den heidnischen Vorgängerversionen, ist das Jenseits ein Gegenentwurf zum Diesseits. Bei den Vorgängerversionen, wo im übrigen auch das demokratische Element fehlt, bleibt Pharao im Jenseits Pharao, Wikinger Krieger bleibt Krieger, usw.

Das Jenseits in den monotheistischen Religionen ist das Paradies, ein klarer Gegenentwurf zum Diesseits, welches ja ein einziges Jammertal ist. Allerdings gelangt man dorthin nur, wenn man sich gottgefällig benimmt. Unter diesen Auspizien ist das Leben also so eine Art Prüfung. Ausführlich abgehandelt hat das Dante in der Divina Commedia, darüber hat der Autor mal eine dicke Website produziert, www.divina-commedia.de. In der Hölle sitzen also, nach Maßgabe der Sünde, die Sünder. Im Läuterungsberg werden sie dann geläutert und landen, so die Läuterung gelingt, im Paradies. Das Problem dabei ist, dass Dante noch nie im Paradies war und auch nicht einfach irdische Wonnen aller Art, das wäre eher die Liga Schlaraffenlad und die Geschichte mit den 72 Jungfrauen, ins Jenseits projezieren wollte. Das Paradies ist also bei Dante eine ziemlich abstrakte Angelegenheit. Anders formuliert: Das Paradies ist literarisch nicht gestaltbar, denn Dichtung ohne empirisches Substrat, ist schlicht unmöglich.

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