Es gibt wohl kaum ein Ereignis, bei dem die Einstellung zum Leben sich so deutlich zeigt, wie im Tod. Da gibt es jetzt eine reichhaltige Fülle an Einstellungen, die wiederum durch die Fülle an Einstellungen zum Leben geprägt sind. Die Einstellung zum Tod ergibt sich aus der Einstellung zum Leben, wobei das allerdings weniger mit Logik zu tun hat, als mit einem Mix aus sozialer Situation, philosophischer Einstellung, Temperament, Charakter, die sich jeweils selber wieder beeinflussen.
Die poetische Betrachtung kommt am Schluss, das ist, admirabile dictu, gleichzeitig auch beim derzeitigen Stand der Wissenschaft die vernünftigste Einstellung.
Irgendwann beschäftigt alle der Tod, bzw. die Frage, was danach kommt. Das scheint normal, obwohl eigentlich schon das erstauntlich ist, schließlich beschäftigt schlicht niemanden die Frage, was vor der Geburt war, obwohl das eine so interessant ist wie das andere.
Weiter entnehmen wir der Tatsache, dass der Tod als ein ziemlich einschneidendes Erlebnis empfunden wird, was wiederum mit der Bedeutung zusammenhängt, die man dem Leben beimisst, denn unabhängig von der Ausgestalung, die eben selbigem zugemessen wird, ist der Tod, zumindest wenn es den eigenen Tod betrifft, negativ konnotiert. Aus verschiedenen Gründen hängen die Leute, also zumindest das Individuum, am Leben, vielleicht auch nur aus Angst. Allerdings, das ist ein Widerspruch in sich, spielt in der öffentlichen Wahrnehmung die Mission, mit der als bedeutsam empfundenen Gestalten unterwegs waren, die bedeutendere Rolle. Präsent in der öffentlichen Wahrnehmung ist Alexander der Große, Napoleon, Wilhelm II, etc. etc..
Positiv konnotiert ist der Tod eigentlich nur, wenn er einem höheren Zweck dient, der aber, davon kann man ausgehen, dieser höhere Zweck für die Interessen anderer zweckdienlich ist. So muss man das wohl z.B. sehen mit dem „Dulce et decorum est pro patria mori“, denn die, die das Malheur veranstalten, sind ja selten die, die dann auch sterben. Allerdings leisten die, die dann auch sterben, überraschend wenig Widerstand. Sich einem höheren Zweck hinzugeben, scheint besonders dann attraktiv, wenn individuell gar kein Glück mehr empfunden wird. Der Kampfruf der Armee Francos „Viva la muerte“ („Es lebe der Tod“) ist wohl weniger eine Sympathiekundgebung für den Tod, als Ausdruck eines Lebens, das als Last empfunden wird. Die Unglücklichen sind wohl leichter todesmutig als die Glücklichen.
Die Geschichtswissenschaft sieht das mit dem Tod so ähnlich wie die Italo Western. Da werden ohne Ende Leute von Dächern abgeschossen und fallen effektvoll in die Tiefe, aber der Zuschauer bleibt hier von dem Massensterben gänzlich unberührt. Bismarck z.B., oder Friedrich II der Beserker, werden als Gründungsfiguren des Landes der Teutonen gefeiert, Denkmäler aller Orten. Ersterer hat sogar die als ehrenhaft empfundene Bezeichnung eiserner Kanzler, weil er das Teutonenreich durch Blut und Eisen geschmiedet hat, wobei unklar bleibt, ob die Blumen am Wegesrand, unter dieser Kategorie subsumierte Hegel die in den zahlreichen kriegerischen Auseinandersetzungen hingemeuchelten, einen konkreten Vorteil aus dieser Reichsgründung hatten. Naheliegenderweise hätte man, wie 1848 angedacht, das Reich der Teutonen auch unter demokratischen und zivilisierten Vorzeichen Gründen können.
Die Analyse des Todes steht noch aus, was erstaunlich ist. Es überwiegt bei den Nachgeborenen die geschichtliche Mission, obwohl auch zu Zeiten, als die Anzahl der Toten noch überschaubar war, 1866 Königgrätz 8000, 1870 deutsch-französischer Krieg 180 0000 die Anzahl der Toten schon beträchtlich war. Wir feiern Bismarck als Kanzler der deutschen Einheit, obwohl er lediglich ein Min-Putin war. Zu mehr fehlten einfach die technischen Möglichkeiten. Die Gelassenheit, mit der hinter der geschichtliche Mission der Tod an Bedeutung verliert, kann man erstaunlich finden, denn im Allgemeinen ist der Tod für den einzelnen ein ziemlich einschneidendes Erlebnis. Individuell ist er das Ende aller Möglichkeiten. Bedeutungslos kann er nur sein, rein logisch gesehen, empfunden wird das wohl anders, wenn es gar keine Möglichkeiten mehr gibt. Dann wird die Mission, in der Regel eine unsinnige, zur einzig verbleibenden Möglichkeit.
Bzgl. des Umganges mit dem Tod haben wir jetzt eine sehr breite Bandbreite an Einstellungen. Bei primitiven Kulturen, also Ägypter, Wikinger, die alten Inder, Mayas etc., die das Herz der Archäologen erfreuen, die Tiefsinn suchen, wo keiner ist, überwiegt die Vorstellung, dass es Jenseits, das erstmal hypostasiert wird, es so ähnlich weitergeht wie im Diesseits. Das heißt, die nehmen die für das jenseitige Leben nötigen Gerätschaften, Schiffe, Soldaten, Möbel, Essgeschirr mit ins Grab, so dass sie im Jenseits in etwa so weiter leben können, wie im Diesseits. Wir vermuten jetzt mal, also so als auf Ferndiagnose spezialisierte Psychologen, dass die Pharaos, die mit ihrer Barke ins Totenreich schippern wollten, bzw. die chinesischen Kaiser, die sich von einer Terrakotta Armee verteidigen lassen wollten, bzw. die Wikinger Häuptlinge, die mit ihrem Schiff nach Walhalla übersetzten wollten, viel Verzweiflung im Spiel war, denn dass eine Terrakotta Armee vom Feind gemütlich mit einem ordentlichen Hammer in hätte in Trümmer gelegt werden können, war wahrscheinlich, hätte er nüchtern darüber nachgedacht, auch dem Kaiser von China klar und Schiffe brauchen nun mal Wasser unter dem Kiel, also das konnte, realistisch betrachtet, auch nix werden. Im Großen und Ganzen, die Kleinigkeiten schenken wir uns jetzt, ging es aber im Jenseits weiter wie im Diesseits. Ist ja auch den Griechen so. Im Olymp ging es ja noch wilder zu als im irdischen Jammertal.