staunen, nicht ärgern

Urteil des Bundesverfassungsgericht zur Überführung der Kreditermächtigung über 60 Milliarden als Reaktion auf die Corona Pandemie in ein Sondervermögen über 60 Milliarden für Investitionen in den Klimaschutz stellt auf Argumente ab, die ökonomisch völlig irrelevant sind

Über diesen Fragenkomplex kann man jetzt natürlich öffentlich debattieren. Es ist völlig legitim darüber zu diskutieren, was die Produktion von Wasserstoff in einer Thermosolaranlage in Namibia konkret kostet, es sind wohl 2 Euro pro Liter, und welche Infrastruktur man dann bräuchte, um das in die Flugzeuge zu bekommen. Man kann darüber diskutieren, ob man bei der Mobilität eher auf den mit Wasserstoff betriebenen Verbrennungsmotor setzt oder auf reine Elektrofahrzeuge. Bei der energetischen Häusersanierung kann man darüber diskutieren, wieviel davon der Mieter bezahlt und wieviel der Vermieter und in welchen Zeitraum diese abgeschrieben werden. Bei der Verfügbarkeit von Fachkräften kann man darüber nachdenken, ob man affine Studiengänge nicht früher spezialisiert, so dass sie schon mit einem Bachelor Abschluss dem Markt zur Verfügung stehen. All das sind ökonomische Fragen, über die man naheliegenderweise öffentlich diskutieren kann, so dass sich jeder seine Meinung dazu bilden kann.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgericht allerdings gründet auf Kriterien, die komplett irrelevant sind.

„Erstens hat der Gesetzgeber den notwendigen Veranlassungszusammenhang zwischen der festgestellten Notsituation und den ergriffenen Krisenbewältigungsmaßnahmen nicht ausreichend dargelegt. Zweitens widerspricht die zeitliche Entkoppelung der Feststellung einer Notlage gemäß Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG vom tatsächlichen Einsatz der Kreditermächtigungen den Verfassungsgeboten der Jährlichkeit und Jährigkeit. Die faktisch unbegrenzte Weiternutzung von notlagenbedingten Kreditermächtigungen in nachfolgenden Haushaltsjahren ohne Anrechnung auf die „Schuldenbremse“ bei gleichzeitiger Anrechnung als „Schulden“ im Haushaltsjahr 2021 ist demzufolge unzulässig. Drittens verstößt die Verabschiedung des Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes 2021 nach Ablauf des Haushaltsjahres 2021 gegen den Haushaltsgrundsatz der Vorherigkeit aus Art. 110 Abs. 2 Satz 1 GG.“

Bei den 60 Milliarden handelt es sich um INVESTIVE AUSGABEN und bei INVESTITIONEN geht es letztlich um die ganz schlichte Frage, ob sich diese zur Laufzeit der Investition amortisieren. Wann die Entscheidung für die Investition gefallen ist, vorletztes, letztes oder dieses Jahr, ist vollkommen schnurz und wenn die Verfassung sinnvolle Investitionen verbietet, weil die Gelder hierfür in einer früheren Periode bzw. zu einem anderen Zweck zur Verfügung gestellt wurden, dann sollten sich die CDU eben dazu aufraffen und zusammen mit der Ampel die Gesetzeslage ändern, zumal der Artikel Art 109 wie auch der Artikel 110 GG einen wirklich GRAVIERENDEN Fehler haben. Es wird kein Unterschied gemacht zwischen konsumtiven und investiven Staatsausgaben, obwohl dieser Unterschied GEWALTIG ist, was im Grunde jeder einsieht. Nimmt ein Haushalt 20000 Euro aus und macht damit eine Weltreise, muss er die 20000 Euro aus dem Einkommen finanzieren. Investiert er das Geld in eine pfiffige Geschäftsidee, dann hat er Rückflüsse aus der Investition. Mit konsumtiven Staatsausgaben kann man ein Strohfeuer entfachen, die komplexere keynesianische Sicht mit dem Multiplikator lassen wir jetzt aussen vor, näheres hierzu unter https://www.economics-reloaded.de/pdf-Dateien/Keynes_Buch.pdf, geht bei investiven Staatausgaben die Rechnung auf, haben wir mehr Wachstum und unter Umständen sogar eine Steigerung des Wohlstands.

Dem Urteil ist zu entnehmen, dass die Bundesregierung sich durch die krude Situation in der Verfassung sich veranlasst sah, die Übertragung der Corona bedingten Kreditermächtigung auf den Energie und Klimafond durch den Fortbestand einer Notlage zu begründen, weil nur dann nach 109 GG die staatlichen Ausgaben die Einnahmen überschreiten dürfen. (Anders formuliert: Der Staat darf schlicht keine kreditfinanzierten Investitionen vornehmen. Würde man das auf die freie Wirtschaft übertragen, wären wir schon längst pleite, denn praktische JEDE INVESTITION ist kreditfinanziert.) Das Urteil schwurbelt dann um die Frage, ob die Maßnahmen, die im Rahmen der Bewältiung der Corona Krise ergriffen worden sind, tatsächlich zielführend waren, was das Bundesverfassungericht gar nicht beurteilen kann und ob zu erwarten ist, abgeleitet aus den bisherigen Erfahrungen, diese in Zukunft zielführend sein werden. Leider sind diese Fragen vollkommen uninteressant. Bei den Maßnahmen im Rahmen der Corona Krise, Beihilfen für Unternehmen, Zuschüsse bei Kurzarbeit, handelt es sich um KONSUMTIVE Staatsausgaben. Naheliegenderweise wird die Gesellschaft nicht reicher, wenn Unternehmen schlicht die Produktion einstellen und statt dessen von staatlichen Beilhilfen leben. Allerdings kann so verhindert werden, dass auch nur indirekt betroffene Unternehmen, etwa der Lebensmittelhandel, mit in den Abgrund gerissen werden und wir eine Abwärtsspirale sehen.

Zusammenfassend sieht das so aus. Man kann über die hochkomplexen Zusammenhänge die mit dem Klimawandel einhergehen diskutieren, muss aber letztlich akzeptieren, dass sich die private Wirtschaft nicht aus der Deckung traut und das Kapital hierfür nicht oder nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung stellt. Bei hochkomplexen Situationen funktioniert die Marktwirtschaft nicht mehr und es bleibt nur noch der Staat. Das Bundesverfassungsgericht behauptet nun zu wissen, dass sich die Gesellschaft besser stellt, wenn diese 60 Milliarden nicht investiert werden, verrät uns aber leider nicht, woher es diese Weiheit genommen hat.

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