Fehlt der Wettbewerb, dann wird der homo oeconomicus in der Tat zu einem unangenehmen Zeitgenossen. Der Bäcker würde nämlich ohne Wettbewerb einen Monopolpreis setzen und der wäre dann in der Tat unsympathisch, auf jeden Fall höher, als der Polypolpreis. Adam Smith diskutiert nun eine Menge Fälle, wo der homo oeconomicus nicht im Wettbwerb steht. Das lustigste Beispiel, zutreffend bis auf den heutigen Tag, ist das von seinen Professoren Kollegen an der Univeristät. (Relevant bis zum heutigen Tag.) Werden die Professoren vom Staat bezahlt, erhalten also ein Salär unabhängig von der Leistung, also unabhängig davon, ob sie Relevantes didaktisch geschickt vermitteln oder lediglich ihr vor dreißig Jahren geschriebenes Buch vorlesen, das gibt es tatsächlich, hat der Autor selbst erlebt, jedes Semester auf das Neue, das gleiche Buch, dann maximieren sie ihren Nutzen, tun also so wenig wie möglich. Die Situation ändert sich, wenn die Studis ihn direkt bezahlen oder auch nichth, wenn er nichts Relevantes erzählt oder das was er erzählt didaktisch so wirr vorträgt, dass keiner was versteht. (Nebenbei: Milton Friedman irrt da. Zwar erheben die amerikanischen Unis grotesk hohe Studiengebühren, aber die sind auch nicht direkt an die Leistung der Professoren gekoppelt, so dass das gleiche Problem entsteht, wie wenn der Staat zahlt.)
Der Punkt objektive Kontrolle durch den Markt kann man sich näher anschauen. Zwar meinte schon Lenin, dass Kontrolle besser ist als Vertrauen, aber leider hat er nicht erklärt, wer da kontrolliert. Millionen von Unternehmen durch externe Instanzen daraufhin zu überprüfen, ob die Leistungserstellung effizient ist, ist vollkommen hoffnungslos. Das würde voraussetzen, dass die kontrollierenden Instanzen alle individuellen Handlungsalternativen von Millionen von Freiberuflern, Gewerbetreibenden, Großunternehmen etc. kennen. In letzter Konsequenz würde das bedeuten, dass man für jedes Unternehmen eine komplette Doppelbesetzung braucht. Eine die arbeitet und die andere die kontrolliert. Der Markt funktioniert da viel einfacher und ohne jede externe Kontrolle. Erfolgt die Leistungserstellung nicht effizient, bzw. wird am Markt vorbei produziert, dann wird das entsprechende Unternehmen in einer Wettbewerbssituation ausscheiden oder sich ändern. Auch Korruption ist im Wettbewerb schwieriger als ohne Wettbewerb. Kauft ein Unternehmen Vorprodukte zu teuer ein, bzw. hilft der Nachfrage durch Bestechungsgelder nach, dann ist das Aufwand, der letztlich refinanziert werde muss und da letztlich jemand persönlich die Zeche bezahlt, ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass auch irgendjemand mal gründlicher nachschaut, je kleiner das Unternehmen, je direkter die Geschäftsführung am Gewinn beteiligt ist, desto größer ist diese Wahrscheinlichkeit.
Last not least. Der Markt ist ein Erkundungsystem, das heißt die konkurrierenden Unternehmen werden mehrere Alternativen am Markt anbieten oder ein neues Unternehmen wird schöperische à la Schumpeter zerstörerisch auftreten. Von diesen Alternativen werden sich manche durchsetzen und andere eben nicht. Die zentrale Planungskommission im Sozialismus wird keine Alternativen anbieten, weil sie sich auf eine einzige einigen wird. Man wird also nie erfahren, ob es nicht eine bessere gegeben hätte.
Fazit: Kapitalismus und Marktwirtschaft sind zwei völlig unterschiedliche Systeme. Wer dezentrale Steuerung der Ressourcen durch den Preis meint, sollte das Ding Marktwirtschaft nennen. Wer meint, dass das Kapital die treibende Kraft der Geschichte ist, sollte das Ding dann Kapitalismus nennen. Wer die zwei Begriffe als Synonyme verwendet, hat die Unterschiede nicht verstanden, die aber wesentlich sind. Den Unterschied sollte man sehen. Wir wissen inzwischen, dass die Marktwirtschaft, aus unterschiedlichen Gründen, krisenbehaftet ist und in der öffentlichen Debatte zunehmend kritisch bewertet wird. Der Kapitalismus, unter dem dann eigenlich, in den Ländern mit einer marktwirtschaftlichen Ordnung, Marktwirtschaft verstanden wird, obwohl alle von Kapitalismus sprechen, gerät zunehmend in die Kritik. Will man aber die Fehler korrigieren, sollte man das behalten, was vernünftig ist und korrigieren, wo es Auswüchse gibt. Hat man aber den Witz gar nicht verstanden, meint man also dass Kapitalismus und Marktwirtschaft dasselbe ist, besteht die Gefahr, dass bei der Korrektur über das Ziel hinaus geschossen wird.
Wer von undifferenziert von Kapitalismus redet, der neigt dazu, für mehr Staat zu plädieren und die Vorteile der Marktwirtschaft zu unterschätzen, weil er sie gar nicht sieht. Wir haben dann gute Chancen vom Regen in die Traufe zu kommen.