staunen, nicht ärgern

Ist die antizyklische Fiskalpolitik tatsächlich die Kernaussage des Keynesianismus?

Aus dieser Perspektive lässt sich dann aus der keyneschen Theorie ganz andere Maxime für die Wirtschaftspolitik herausfiltern. Der Staat soll nicht qua konsumtive Staatsausgaben die Leute über Wasser halten, sondern Arbeitsplätze schaffen und qualifizieren. Womit wir beim zweiten Teil der keynesschen Theorie angelangt sind.

Für Keynes ist der Zins nicht mehr, wie in der Klassik, der Preis für Kapital, also ähnlich wie der Lohn der Preis für Arbeit und die Rente die Entlohnung für Land ist, sondern das, was gezahlt werden muss, um Geld aus der absoluten Liquidität herauszulocken. Heißt zu Deutsch: Damit jemand den sicheren Hafen der absoluten Liquidität aufgibt, also absolute Liquidität, zu Deutsch GELD, konvertiert in etwas, was weniger liquiede ist, z.B. Maschinen, braucht es einen Zinssatz in bestimmter Höhe. Je riskanter die Angelegenheit, desto höher muss dieser Zinssatz sein. Risiko wiederum, an der Stelle schweigt Keynes sich aus, ist zum einen eine Frage wie dämlich der Investor in spe ist und zum anderen eine Frage, wie objektiv kompliziert die Verhältnisse sind. Trifft das hier https://theatrum-mundi.de/vermoegensverteilung-und-effizienz/, https://theatrum-mundi.de/geraet-die-marktwirtschaftliche-ordnung-an-ihre-grenzen/ zu, schaffen es also Kapitalsammelstellen, Banken, Versicherungen, Superreiche etc.. gerade noch in im Prinzip homogene Produkte zu investieren, also in Finanzanlagen, dann sind wir an einem Punkt angelangt, wo man sich fragen muss, ob der Staat nicht doch eher in der Lage ist, entscheidende strategische Weichen zu stellen und Resourcen optimaler alloziieren kann als private Akteure.

Das Problem an sich wird von Keynes adressiert, an mehreren Stellen z.B. wenn er befürchtet, dass eine Wirtschaft, die letztlich von einem Spielkasino abhängt, er meint Wertpapierbörsen aller Art, dem Untergang geweiht ist und z.B. wenn er bedauert, dass die Bindung der Aktionäre an ein Unternehmen nicht so stabil ist, wie eine Heirat, aber, ganz Marktwirtschaftler, erläutert er nicht näher, worin die Präferenz für Liquidität eigentlich besteht. Liquiditätspräferenz heißt letztlich, dass man sich alle Optionen offen handeln will und ein Anlagemöglichkeiten sucht, aus denen man vor allen Dingen schnell wieder rauskommt. Sinkt die Daimler Aktie, tausch man diese gegen ein Biontech Aktien, geht die den Bach ab, tausch man diese gegen Aktien von Procter und Gamble etc. etc. Das ist so ziemlich das Gegenteil von Fokusierung auf strategisch entscheidende Investitionen, die zu detektieren die Leute nicht in der Lage sind. Strategisch entscheidend wäre z.B. ein mRNA Impfstoff gegen Krebs, das würde jährlich allein in der BRD Milliarden einsparen, entscheidend sind Investionen in nachhaltige Energiegewinnung, im Zweifelsfalle eben auch in Afrika, entscheidend sind Investitionen in solargetriebene Wasserentsalzungsanlagen. Will man nicht mit Solarpannels weiter Boden versiegeln, könnte man Autobahnen mit Solarpannels überdachen. Das wäre ein Projekt einer Größenordnung, das die Arbeitslosigkeit mit einem Schlag auf Null reduzieren würde, wenn man entsprechend qualifiziert. Die Investitionssumme wäre gewaltig, würde sich aber irgendwann amortisieren und damit zur Vernichtung des vorher geschaffenen Geldes führen. Der Zinssatz darf da ruhig bei Null liegen. Ein Zinssatz von Null bringt aber nix, wenn Kapitalsammelstellen strategisch entscheidende Investitionen nicht detektieren können. Die letzten 20 Jahren hatten wir Zinssätze nahe Null, das hat so aber nichts gebracht.

Die Leute, die Geld haben, haben die Niedrigzinspolitik der EZB natürlich beklagt. Der Frust ist nachvollziehbar, aber nicht gerechtfertigt. Niemand hat ein Recht darauf, einen Preis für etwas zu erzielen, das nicht knapp ist und Geld ist so reichlich vorhanden wie Luft. Eine Zentralbank kann davon nämlich beliebig viel produzieren. Das Geld im Sparschwein wird schlicht nicht gebraucht. Mit dem selben Recht könnte sich jemand darüber beklagen, dass der Staat nicht das Wasser vergiftet und es damit künstlich knapp hält, damit die Leute, die Trinkwasser in der Badewanne gehortet haben, es teuer verkaufen können.

Des weiteren kann auf einen externen Schock, Störung der Lieferketten, Preiserhöhungen an den Energiemärkten, Verknappung von seltenen Erden nicht mit einem Zinsanstieg reagiert werden. Das Problem löst sich nur lösen, wenn die Ursachen der Problematik beseitigt werden. Durch Forschung und Entwicklung oder andere Maßnahmen. Denkt man die Logik zu Ende, wird das schnell klar. Steigen z.B. die Rohstoffpreise um das 1000 fache und induziert das eine Inflation von sagen wir mal 100 Prozent im Jahr, dann kann man natürlich auch diese Inflation über einen Zinserhöhung von beispielsweise 30 Prozent senken. Dann erlahmt alle Bautätigkeit, keine Investition ist mehr rentabel, die Arbeitslosigkeit steigt auf z.B. 40 Prozent. Da der Konsum dann auf das absolut Lebensnotwendige sinkt, bzw. die Leute verhungern, ist die Inflation gestoppt, allerdings nach dem Motto Operation gelungen, Patient tot.

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