staunen, nicht ärgern

Ist die antizyklische Fiskalpolitik tatsächlich die Kernaussage des Keynesianismus?

Kleiner Ausflug in die klassische / neoklassische Nationalökonomie. In der klassischen / neoklassischen Nationalökonomie herrscht, sieht man von Jean Baptiste Say ab, IMMER Vollbeschäftigung und zwar aus einem sehr schlichten Grund. Der Faktor Arbeit erhält immer nur das Existenzminimum. Übersteigt die Entlohnung das Existenzminimum, steigt das Angebot an Arbeitskräften und zwar solange, bis der Faktor Arbeit wieder auf dem Existenzminimum landet. Anders formuliert. Die Leute sind entweder beschäftigt und fristen ein Leben auf dem Niveau des Existenzminimum oder sind eben verhungert. Nach dieser, zugegebenermaßen etwas kruden Logik, ist eben niemand arbeitslos.

Der ganze Hintergrund der keynesschen Theorie soll hier nicht nochmal aufgerollt werden. Darüber hatte der Autor dieser Zeilen mal ein sehr kurzes, verständliches Büchlein geschrieben, siehe https://www.economics-reloaded.de/pdf-Dateien/Keynes_Buch.pdf. Hier lediglich mal ein paar Stichpunkte.

In einer UNTERBESCHÄFTIGTEN (!!) Wirtschaft ist ein Zins eigentlich sinnfrei. Der Zins erhöht die Ansprüche an die Investionen und damit letztlich an die Qualifikation des Faktors Arbeit. Die klassische Suada, dass der Zins das Kapital in die effizienteste Verwendung lenkt, ist reiner Mumpitz, weil Kapital de facto Geld ist und Geld ist nie knapp. Geld produziert die Zentralbank in jeder x-beliebigen Menge. Die rentablere Investition kann die wirklich relevanten Faktoren, qualifizierte Arbeit, Vorprodukte, Roh- Hilfs- und Betriebstoffe immer an sich ziehen, weil sie mehr bezahlen kann, als die weniger rentable Investion. Der Zins hat in einer UNTERBESCHÄFTIGTEN Wirtschaft keine Steuerungsfunktion. Folgerichtig geht Keynes davon aus, dass der Zins langfristig gegen Null geht, bzw. nur noch so hoch ist, dass die Verwaltungskosten der Banken gedeckt werden.

Verknüpft man das mit Schumpeter, dann läuft auch die Idee des Monetarismus vollkommen ins Leere. Der Monetarismus, also Milton Friedman, sorgt sich vor allem um die Inflation und will von daher eine Geldpolitik, die sich am realen Wachstum der Wirtschaft orientiert. Das Problem, dass der Monetarismus lösen will, stellt sich aber gar nicht, wenn man nicht, wie das in der Lehre auf allen Ebenen getan wird, Investionen und Staatsausgaben in einen Topf wirft. Investionen sind von der Idee her IMMER rentabel. Es kann zehn oder hundert Jahre dauern, bis sich eine Investion amortisiert, aber wenn alles läuft wie geplant, dann amortisiert sich die Investion irgendwann. Das ist aber gleichbedeutend, und da sind wir dann bei Schumpeter, dass das Geld, das bei der Kreditausgabe geschaffen wurde, bei der Rückzahlung des Kredites wieder vernichtet wird. Die Investition führt, wenn alles so läuft wie geplant, langfristig nicht zu einer Erhöhung der Geldmenge. Von daher sollte man messerscharf trennen zwischen konsumtiven Staatsausgaben, also Sozialleistungen und Zuschüsse des Staates zu den sozialen Sicherungssystemen, und investiven Staatsausgaben, also Investitionen in Infrastruktur aller Art. Genau das passiert aber nicht. Zwischen investiven Staatsausgaben und konsumtiven Staatsausgaben wird nicht messerscharf getrennt, was etwas den Blick für eine sinnvolle Wirtschaftspolitik verbaut. Keynes hat eigentlich nie gesagt, dass der Staat im Falle einer Rezession ordentlich Geld austüten soll egal für was und so die Wirtschaft aus der Krise herausführen soll. Die Möglichkeit, dass sich durch einen erhöhten staatlichen Konsum das Volkseinkommen um ein Vielfaches erhöht und so qua Steuern die ursprünglichen Initialausgaben wieder amortisieren ist eine theoretische Möglichkeit, die wir aber durch die Realität nicht bestätigt finden und von Keynes so auch nie behauptet werden. Funktioniert das aber nicht, dann steigt die Geldmenge tatsächlich, weil der Staat seine Schulden nie bezahlen wird.

 

So sicher wie das Amen in der Kirche ist aber das. Baut der Staat Wohnungen und ist der Zinssatz Null oder nahe bei Null, dann ist es so sicher wie das Amen in der Kirche, dass sich diese Investionen irgendwann amortisieren, egal wie niedrig die Mieten sind. Irgendwann wird der Kredit getilgt und damit das bei der Kreditvergabe geschaffene Geld wieder vernichtet. Milton Friedman untestellt Keynes da etwas, was dieser nie gesagt hat und löst ein Problem, dass sich innerhalb des Keynesianismus a) gar nicht stellt und b) in der Realität auch gar nicht funktioniert. Um das Wachstum der Geldmenge dem Wachstum des BIP anzupassen, müsste man erstmal wissen, wie hoch dieses Wachstum ist und genau das weiß man eben nicht. Orientiert man sich an der Vergangenheit, würde dies unter Umständen zu einer knappen Geldmenge führen, damit zu einer Erhöhung des Zinses mit der Konsequenz, dass Investitionen rausgekegelt werden, nur weil sie nicht in der Lage sind einen völlig willkürlich gesetzten Zinssatz zu bedienen.

Rein mathematisch, das ist der berühmte Investitionsmultiplikator der in der Lehre allerdings eher, vor allem im Zusammenhang mit einer antizyklischen Wirtschaftspolitik zum Staatsausgabenmultiplikator mutiert ist, stimmt es, dass eine ständige Erhöhung der Staatsausgaben nur dann zu einem neuen Gleichgewicht führt, wenn das gesamtwirtschaftliche Sparen so hoch ist, wie die Staatsausgaben, was wiederum bedeutet, dass der Multiplikatoreffekt umso höher ist, je geringer die Sparquote ist. Das ist eine ziemlich gewagte Interpretation der keyneschen Theorie, die sich so in der General Theory of Employment, Interest and Money nicht findet und es geht auch VIEL einfacher. Es reicht vollkommen, wenn sich die Investion amortisiert, das heißt das bei Kreditvergabe geschaffene Geld wieder vernichtet wird. (Wie das geht, siehe https://economics-reloaded.de/4_Joseph_Schumpeter/4_3_dynamische_Wirtschaft.htm, dann Bemerkung zu der Rolle der Banken.)

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