staunen, nicht ärgern

Der Baum der Erkenntnis von Pio Baroja und Hoffnung

Was übrig bleibt von dem Popper Geschwätz ist, dass sich eine Gesellschaft besser über trial and error allmählich an eine Ordnung heranrobbt, die zumindest akzeptabel ist, anstatt gleich den großen Wurf hinzulegen, der in der Regel nur gewaltsam durchgesetzt werden kann und auch nie das Ziel verfolgt, den Himmel auf Erden zu schaffen. Das würde aber konkret bedeutet, vor allem bei jungen Demokratien, dass die Wahlperiode sehr kurz ist, unter Umständen nur zwei Jahre. In jungen Demokratien ist die Erwartungshaltung an die Demokratie sehr hoch, die Leute erwarten, dass Wohlstand allein schon dadurch garantiert wird, dass die Regierungsbildung auf demokratischen Wahlen beruht. Diese Hoffnung wird regelmäßig enttäuscht, mit dem Ergebnis, dass Parteien über demokratische Wahlen an die Macht kommen, die eben diese Demokratie wieder abschaffen. Bei einer kurzen Wahlperiode hätten die Leute ein Ventil für ihre Unzufriedenheit und extreme Positionen würden schneller eliminiert.

Allerdings braucht auch die Politik der kleinen Schritte eine Richtung und bei Popper bleibt völlig unklar, wohin die Reise gehen soll. Im Zweifelsfalle könnte sich, die Gesellschaft auch im Kreis bewegen, was im übrigen eher der Realität entspricht. Gesellschaftspolitische Vorstellungen aller Art verschwinden nicht für alle Zeiten von der Bildfläche, weil sie sich definitiv, wie Popper sich das vorstellt, als Sackgassen erwiesen haben, sondern verschwinden lediglich für eine Zeit von der Bildfläche um dann wieder aufzutauchen. Die Parallele die Popper zieht zwischen der Logik der Forschung, bzw. was er darunter versteht und demokratischen Entscheidungsprozessen sticht nicht. Im Wissenschaftsbetrieb gibt es falsch oder richtig und was ganz definitiv falsch ist, wird aussortiert. Bei gesellschaftspolitischen Zielen geht es nicht um falsch oder richtig, sondern um das Niveau auf dem ein gesellschaftspolitischer Konsens gefunden wird, siehe auch https://economics-reloaded.de/7_kritischer_Rationalismus/Karl_Popper/7_1_die_offene_Gesellschaft.htm. Das Niveau, auf dem der gesellschaftliche Konsens gefunden wird, hängt aber wiederum davon ab, auf welchen Niveau das individuelle Glück gesucht wird und die Hoffnung, die sich mit keinen Tendenzen der Wirklichkeit verbündet hat, spannt hier halt den Bogen am weitesten. So gesehen ist Friedrich Schiller eben anspruchsvoller als z.B. David Ricardo.

 

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