staunen, nicht ärgern

Was ist makroökonomisch bedeutsamer, Intelligenz oder moralische Integrität?

Wie man eine Staatsquote beurteilt, hängt ab vom Framework. Die klassische / neoklassische Nationalökonomie, bzw. das, was in Lehrbüchern heutzutage steht, sieht darin ein Übel, weil die reine Marktwirtschaft maximal effizient ist. Das System kann man nicht verbessern. (Bei Adam Smith bzw. Alfred Marshall ist das etwas komplizierter, aber das lassen wir jetzt.)

Innerhalb des Keynsianismus ist eine hohe Staatsquote geboten, weil sich die marktwirtschaftliche Ordnung in eine Sackgasse hinein manövrieren kann, aus der sie nur noch der Staat herausmanövrieren kann. Das ist z.B. dann der Fall, wenn die einzige Investition, die sich die Wirtschaftssubjekte noch zutrauen, Investitionen in Gold, Bestandsaktien oder Bestandsimmobilien sind. Das sind dann die „Investitionen“, die gesamtwirtschaftlich vollkommen sinnfrei sind, die aber in Krisenzeiten, wie derzeit, ganz besonders beliebt sind und die Krise nochmal verschärfen.

Fundamental ist natürlich in beiden Fällen, Mikro- wie auch Makro, dass der gesamtwirtschaftliche Nutzen maximiert wird, denn andernfalls würde es in einer Demokratie zu einem Wechsel des Wirtschaftssystems kommen. Das erklärt auch zum Teil, der andere Teil wären die bekannten Parkinsonsche Gesetze, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Parkinsonsche_Gesetze, warum die Staatsquote immer weiter zunimmt. Die Mikrowelt hört sich plausibel an, hat aber leider wenig Schnittstellen mit der realen Welt.

Beide Ansätze, der mikroökönomischen wie auch der makroökonomische, betrachten die Wirtschaft aber als System. Die Marktakteure sind simple Rädchen im Getriebe, die sich quasi naturgesetzlich verhalten. In der Welt der Mikroökonomie sind es Gewinnmaximierer, was gleichbedeutend ist mit maximaler Effizienz. Leisten sie das nicht, sind es eben keine Marktakteure mehr. In der Welt der Makroökonomie reagieren sie auf Anreize. Das System lässt sich also durch das Umlegen von ein paar Hebeln steuern. (So zumindest die Lehrbücher zur Makroökonomie. Das Orginal, also Keynes höchselbst, ist da komplexer.)

Greift man hinein ins volle Menschenleben, ist eigentlich jedem klar, dass die Erklärungskraft solcher beschränkten Modelle sehr schwach ist. Die Produktivität ist z.B. abhängig von der Qualität des human capitals, welches aber lediglich als exogene Variable, wenn überhaupt, berücksichtigt wird. Wie viele Ingenieure, Informatiker, Mediziner, eine Gesellschaft produzieren kann, hängt von den Rahmenbedingungen ab, die außerhalb der wohlgeordneten Welt der Volkswirtschaftlehre bestimmt werden. Verlangt man z.B. als Zugang zum Ingenieurstudium eine zweite Fremdsprache im Abitur, z.B. Latein oder Französisch, hat man eher weniger Ingenieure, den die interessieren sich nicht für so einen Kram. Schafft man das ab, kann gleich ein ganzer Schwung mehr an Leuten Ingenieurwissenschaften studieren. Man kann natürlich auch soviel Juristen produzierne, dass sie die Anzahl der niedergelassenen Rechtsanwälte in zwanzig Jahren verdoppelt, was tatsächlich der Fall ist. Man kann aber auch weniger Studienplätze für Jura einrichten und mehr Studienplätze in Medizin, denn da herrscht Mangel. Man kann natürlich auch allgemein durch e-learning die Kosten eines Studienplatzes reduzieren und gleichzeitig die Effizienz erhöhen und über diesen Weg mehr Studienplätze in Medizin zur Verfügung stellen. Bilden die Betriebe zu wenig Fachkräfte aus, KfZ-Mechaniker, Sanitär-, Heizungs und Klimatechniker, Elektriker, Stukkateure etc. etc. etc. kann man sich überlegen, ob man die Ausbildung von Fachkräften nicht auch überbetrieblich organisiert. Wird es kompliziert, und es wird immer komplizierter, kann es sogar passieren, dass der Theorieteil auch in der Ausbildung erhöht werden muss, also letztlich ein immer größerer Teil von den Berufschulen übernommen werden muss. Last not least. Alle sind sich einig, dass der Erfolg von Bildung ein Mix ist aus Didaktik auf der einen und Disposition auf der anderen Seite ist, wir wissen nur leider nicht, wie viel Prozent auf das Konto Didaktik geht und wie viel Prozent auf das Konto Disposition. Geht viel auf das Konto Didaktik, das ist so die Erfahrung des Autors im Bereich Sprachen, das macht er beruflich, dann ist da noch viel Luft nach oben. Man kann natürlich auch den Kokolores mit dem Staatsexamen abschaffen und jedem der fachlich qualifiziert ist und sich berufen fühlt Lehrer werden lassen. Dann wäre der Lehrermangel sofort beseitigt und man hätte mehr Leute an der Penne, die konkrete Erfahrungen mit dem tobenden Leben haben, was manchmal ganz hilfreich ist.

Wer jetzt eine Weile nachdenkt, dem fallen noch Hundert andere Variablen ein, die auf die enge Mikro- und Makrowelt einwirken, aber eben nicht systemisch gesteuert werden. Wenn wir jetzt akzeptieren, dass die Verhältnisse, die auf die enge mikro- oder makrowelt ab und an mal upgedatet werden müssen, was ja ständig passiert, Abitur wurde 1980 reformiert, die Hochschullandschaft ist mit den Fachhochschulen bunter geworden, die Schultypen wurden weiter ausdifferenziert und mehr Durchlässigkeit geschaffen, es gibt jetzt für praktisch alle Fächer Lehrstühle für Didaktik, die Ausbildung wird ständig reformiert etc. etc.. dann stellt sich die Frage, wie notwendige Upgrades sich durchsetzen bzw. initialisiert werden, bzw. wenn es keine Möglichkeit der systemischen Steuerung gibt, wer oder was garantiert dann eigentlich die Effizienz?

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