staunen, nicht ärgern

Was ist makroökonomisch bedeutsamer, Intelligenz oder moralische Integrität?

Soweit so nett. Damit haben wir den Rahmen abgesteckt, innerhalb dessen sich die akademische Volkswirtschaftlehre bewegt und es macht durchaus Sinn, dieses Framework zu verstehen, wobei es meistens eben nicht verstanden wird. In der öffentlichen Debatte werden z.B. Marktwirtschaft und Kapitalismus als Synonyme verwendet, obwohl es zwischen den zwei Begriffen im Grunde keinerlei Gemeinsamkeiten gibt. Kapitalismus, ein Begriff von Carlos Murx, behauptet eine geschichtliche Entwicklung, die durch die Akkumulation von Kapital getrieben wird. Wie wirtschaftliche Verflechtungen koordiniert werden, spielt bei Murx keine Rolle. Dass da ein Problem existiert, hat Lenin erst nach der Novemberrevolution festgestellt. Beim Begriff Marktwirtschaft, steckt ja schon in dem Komposita, geht es um die Frage, wie die wirtschaftlichen Verflechtungen koordiniert werden. Das sind zwei völlig unterschiedliche Welten.

Unstrittig, dass sowohl die Mikroökonie wie auch die Makroöknomie, auch wenn das im akademischen Betrieb ein bisschen undercomplex gehandhabt wird, stellen ein framework dar, anhand dessen man bestimmte Dinge mal diskutieren kann. Aber irgendwann mal sollte man auch über den Tellerrand schauen.

Das kunterbunte Leben sieht jetzt natürlich total anders aus und da landen wir dann bei Michael Sandel. In der reinen Lehre der Mikroökonomie ist persönlich zurechenbarer Verdienst im Grunde gleichbedeutend mit Mehrwert für die Gesellschaft. Die Autoren des TCP / IP Protokolls, was das Internet ja erst ermöglichte, haben der Menschheit einen unermesslich hohen Dienst erwiesen und waren unstrittig die absoluten Intelligenzbestien. Sie dürfen jeden Monat zehn Millionen verdienen, das macht nix. Das erkennen wir neidlos an. (Auch wenn die richtige Asche basierend auf dem TCT / IP Protokoll ganz andere gemacht haben.) Wir erkennen auch neidlos an, dass es eine Menge Selfmade Millionäre gibt und schöpferische Zerstörer à la Schumpeter, siehe https://economics-reloaded.de/4_Joseph_Schumpeter/4_Schumpeter.htm. Die Frage ist nur, ob, wie die Theorie der marktwirtschaftlichen Ordnung suggeriert, die Regel sind, oder nicht doch eher die Ausnahme. Der Sohn eines Zahnarztes mit florierender Praxis kann dumm sein wie Bohnenstroh, die Abiturnote ist völlig egal. Will er die Praxis von Papa übernehmen, dann legt Papa halt die 60 000 Euro auf den Tisch, die ein Studium in Ungarn bzw. Tschechei kostet, auf Englisch, und lässt sich den dort erworbenen Anschluss dann in Deutschland anrechnen, bzw. wechselt nach dem Physikum. Alternativ kann Filius und Filia natürlich auch solange Nachhilfe bekommen, bis der Cotangens ins Hirn gebimmst worden ist und der Citratzyclus fest verankert ist. Hat Pappa das nötige Kleingeld nicht, bleibt nur die Option Studium in Deutschland, wobei der Numerus Clausus ja die Hürde ist. Im Schnitt werden in Deutschland jedes Jahr so etwas 400 Milliarden Euro vererbt, allerdings sehr ungleich. 400 Milliarden ist richtig Kohle. Das ist, wenn man sich was darunter vorstellen will, fast 1/10 des BIP, also der gesamten Wirschaftsleistung der Republik pro Jahr. Allein dies Zahl reicht aus, um zu verdeutlichen, dass der Zusammenhang zwischen persönlichen Verdienst und sozialer / wirtschaftlicher Status praktisch nicht existiert, bzw. eher die Ausnahme als die Regel ist. (Wobei der Autor aus seinem persönlichen Umfeld sehr viele dieser Ausnahmen kennt, aber rein statistisch gesehen, sind es eben Ausnahmen.) Aber selbst die Ungleichverteilung des Vermögens wäre nicht mal ein Problem. Wer für Umverteilung plädiert, ist der Meinung, dass dann auch automatisch anstatt Hochseejachten Wohnungen für sozial schwache Bevölkerungsschichten erstellt werden. Das ist mitnichten so. Moderne Volkswirtschaften können sowohl Yachten also auch Sozialwohnungen erstellen, je produktiver sie sind, desto mehr von beidem. Ein Nexus zwischen den beiden existiert nicht. Auch nicht für hochpreisige Autos und Kleinwagen, Designer Klamotten von Louis Vuitton und normalen Klamotten, Urlaub im All und auf den Kanaren etc. etc. etc. Das Problem ist, dass es keinerlei Gewähr dafür gibt, dass Filia und Filius von Papa das ererbte Vermögen sinnvoll einsetzen können. Wahrscheinlicher ist eine gigantische Fehlallokation der Mittel. Das ist z.B. dann der Fall, wenn Filia und Filius es gerade noch schaffen, mit dem vererbten Vermögen eine Bestandsimmobilie zu kaufen, was gesamtwirtschaftlich exakt Null Nutzen bringt, aber nicht mehr in der Lage sind, neue Immobilien zu bauen, bzw. zu finanzieren. Last not least beträgt die Staatsquote in Deutschland und ähnlich in anderen Industriestaaten 49 Prozent. Das heißt die Hälfte de BIP verknuspert der Staat in Erfüllung seiner Aufgaben, das heißt rund 5 Millionen Leute machen Jobs, wo persönlicher Verdienst und Einkommen vollkommen entkoppelt ist und bestenfalls noch ein rein formaler Zusammenhang, höchster Akademischer Grad, Dauer der Ausbildung, etc. zwischen persönlichem Verdienst und Einkommen besteht. Marktpreise, die auf objektiven Verhältnissen beruhen, gibt es da nicht, denn es gibt gar keine Marktpreise.

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