staunen, nicht ärgern

Was ist makroökonomisch bedeutsamer, Intelligenz oder moralische Integrität?

Neuerdings stellen amerikanische Philosophen Fragen, die sich ziemlich außerhalb gängiger Denkschemata bewegen. Im Gegensatz zu verbeamteten Geistlichen in Deutschland, über die hat der Autor mal ein kleines Büchlein geschrieben, siehe www.die-geisteswissenschaften.de, zeichnet sich das amerikanische System dadurch aus, dass es zu Erneuerung fähig ist und ganz jenseits von Platon und Co, den hat z.B. Gadamer nie überwunden, mal gesellschaftlich entscheidende Fragen stellt. In Deutschland schaffen wir es gerade noch so zu Richard David Precht.

Michael Sandel, der Mann ist Harvard Professor für Philosophie, stellt ganz grundsätzliche Prämissen marktwirtschaftlicher Ordnungen in Fragen, nämlich die grundsätzliche Annahme, dass in einer marktwirtschaftlichen Ordnung die soziale Stellung Ergebnis einer persönlich zurechenbaren Leistung ist. Die Kurzzusammenfassung ist hier:

, allerdings sprengt er den Rahmen des begrenzten ökonomischen Denkens, also das was man so in Standardlehrbüchern zur Mikro- und Makroökonomie findet, bei weitem. Das sind aber spannende Vorträge, finden sich alle bei youtube wenn man Michael Sandel eingibt.

Im Original, also bei Alfred Marshall, ist das zwar komplexer, aber die Suada in Lehrbüchern der Mikroökonomie geht so. Die ganze Wirtschaft wird kontrolliert über den Wettbewerb. Der Wettbewerb erzwingt eine effiziente Produktion und eine optimale Allokation der Ressourcen. Wenn in der Wahrnehmung der Konsumenten, um mal das bekannte Beispiel von Adam Smith an moderne Zeiten anzupassen, industriell hergestellte Brötchen Teiglinge mit handwerklich hergestellten Brötchen (oder Schrippen wie der Berliner sagt) gleichwertig sind, aber nur die Hälfte kosten, dann profitiert die gesamte Gesellschaft. Das ist zwar schlecht für handerkliche Bächereien, aber gut für die Gesellschaft. Sie erhält gleichwertige Brötchen zum halben Preis. Der Markt produziert objektive Daten, nämlich Preise, die effizienteste Produktion reflektieren. Erzwingt der Wettbewerb die effizienteste Produktion aller Produkte, dann ist das Maximum an Effizienz erreicht und der Wohlstand, gesamtwirtschaftlich, maximiert. Wir haben also eine dezentrale (!) Steuerung der Wirtschaft über Preise. In Preisen spiegeln sich Millionen an Verhältnissen wieder, die in ihrer Gesamtheit niemand durchschaut und niemand durchschauen muss, damit das System funktioniert. Niemand wird Bill Gates vorwerfen, dass er die Menschheit von einem Folterinstrument wie der Schreibmaschine erlöst hat. Er darf gerne damit Milliarden verdienen. Ganz witzig erklärt das Grundprinzip marktwirtschaftlicher Ordnungen Milton Friedman: https://www.youtube.com/watch?v=67tHtpac5ws. Das Gegenteil, die zentrale Steuerung der Wirtschaft durch eine staatliche Behörde ist ja weltweit krachend gescheitert. Im Sozialismus sind alle verbeamtet, Job auf Lebenszeit, Entlohnung unabhängig von der Leistung, Eigeninitiative unwerwünscht, Risiko für Fehlentscheidungen trägt die Allgemeinheit, also niemand etc. etc.. Wir brauchen also nicht darüber zu diskutieren, ob eine radikale Gegenposition alle Probleme löst. Dass dies nicht der Fall ist, wissen wir. Die Frage, nach der moralischen Integrität der Marktakteure stellt sich in diesem System gar nicht. Die müssen lediglich effizient produzieren, wobei sie ihnen auch keine Alternative verbleibt. Tun sie das nämlich nicht, sind sie keine Marktakteure mehr.

Einen radikalen Wandel im ökonomischen Denken kommt das durch John Maynard Keynes, dem Erfinder der Makroökonomie, wobei auch hier dasselbe gilt, wie auch schon bei Alfred Marshall <=> Mikroökönomie. John Maynard Keynes war ein mit allen Wassern gewaschener Intellektueller. Die modernen Lehrbüchern zur Makroökonomie sind nur ein Abklatsch der General Theorie of Employment, Interest and Money. Die Quintessenz des Hauptwerkes von Keynes hat der Autor mal verständlich hier zusammengefasst: https://www.economics-reloaded.de/pdf-Dateien/Keynes_Buch.pdf. Auf die General Theory of Employment, Interest and Money soll hier nicht nochmal eingegangen werden, es ist kompletter Paradigmen wechsel. Die Klassik / Neoklassik hat im Grunde keine Geldtheorie, Keynes ist im Grunde ein Geldtheorie. Die Grundthese, dass Einzelintersse und Gesamtinteresse deckungsgleich sind, wird verneint. Für den einzelnen ist sparen immer positiv, wenn aber alle sparen, bricht die Wirtschaft zusammen. Der Zins ist nicht mehr Ausdruck von Kapitalknappheit, sondern von einer Präferenz für Liquidität etc. etc.. Allerdings spielt auch im Keynesianismus moralische Integrität keine Rolle, da man sich zuverlässig darauf verlassen kann, dass die Wirtschaftssubjekte auf die Anreizsystem des Marktes reagieren. Senkt die EZB z.B. den Zinssatz, kann man zuverlässig erwarten, dass die Immobilienpreise durch die Decke gehen. Die Motive für Liquiditätspräferenz sind bei Keynes Unsicherheit. Da könnte man präzisieren. Der Autor würde eher von Überforderung der Wirtschaftsubjekte sprechen, die mit zunehmend ungleicher Verteilung des Vermögens zunehmen, da Vermögen dort alloziierte werden muss, wo es am effizientesten eingesetzt werden kann, was aber nicht geht, da große Vermögen eben nicht über den hierfür notwendigen Überblick verfügen, siehe https://theatrum-mundi.de/vermoegensverteilung-und-effizienz/.

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