staunen, nicht ärgern

War Goethe Existentialist?

Ich bin der Geist, der stets verneint!
Und das mit Recht; denn alles, was entsteht,
Ist wert, daß es zugrunde geht;
Drum besser wär’s, daß nichts entstünde.
So ist denn alles, was ihr Sünde,
Zerstörung, kurz, das Böse nennt,
Mein eigentliches Element.

Was er also will ist, dass alles wieder NICHTS wird und dagegen wehrt sich das Licht beharrlich und hat hierbei das Leben auf seiner Seite, das sich, was er sehr bedauert, einfach nicht auslöschen läßt.

Und freilich ist nicht viel damit getan.
Was sich dem Nichts entgegenstellt,
Das Etwas, diese plumpe Welt
So viel als ich schon unternommen
Ich wußte nicht ihr beizukommen
Mit Wellen, Stürmen, Schütteln, Brand-
Geruhig bleibt am Ende Meer und Land!
Und dem verdammten Zeug, der Tier- und Menschenbrut,
Dem ist nun gar nichts anzuhaben:
Wie viele hab ich schon begraben!
Und immer zirkuliert ein neues, frisches Blut.
So geht es fort, man möchte rasend werden!
Der Luft, dem Wasser wie der Erden
Entwinden tausend Keime sich,
Im Trocknen, Feuchten, Warmen, Kalten!
Hätt ich mir nicht die Flamme vorbehalten,
Ich hätte nichts Aparts für mich.

Das NICHTS kann von der Natur der Sache her nicht sinnstiftend sein, verbleibt aso nur das Sein, das Licht, dass sinnstiftend sein kann. Mephistopheles ist da also viel radikaler. Er ist nicht gegen eine bestimmte Art von Sinn, sondern ganz allgemein überhaupt gegen Sinn. Das ist eine andere Nummer als die hier und wieder empfundene Sinnlosigkeit. Die Frage ist also schon gar nicht mehr, WAS der Sinn des Lebens ist. Die Frage ist, ob es überhaupt einen Sinn geben soll und das ist dann eine fundamentale Grundsatzentscheidung, auf die man entweder mit ja oder nein antworten kann.

Insofern stellt dieser kleine Abschnitt, aus dem Studierzimmer II, die Frage nach dem Sinn wesentlich radikaler als der Rest, wo Faust ja eher das Glück auf Erden sucht, was wohl allgemein zutrifft. Die Leuts suchen nach Glück, nicht nach Sinn. Es ist lediglich so, dass es für viele Leute, allerdings keineswegs für alle, eine Ingredienz des Glückes ist, etwas Sinnvolles zu tun.

Die Frage nach der Existenz bzw. Nicht – Existenz Gottes wird im Faust nicht weiter debatiert. Nachdem er ein Gastspiel im Himmel gegeben hat, taucht er nicht mehr auf und greift auch nicht in das Geschehen ein. Präsent ist nur sein lustiger Gegenspieler, also Mephistopheles, der eigentlich ein ganz sympathischer Kerl ist mit einer Menge Mutterwitz. Sagen können wir nur, dass Gott der Grundaussage von Mephistopheles

denn alles, was entsteht,
Ist wert, daß es zugrunde geht;
Drum besser wär’s, daß nichts entstünde.

nicht zustimmen kann, denn dann gibt es in den weiten des Universums, auch wenn das bei Deep Space Nine anders aussieht, nichts mehr, was zeigen könnte, dass es auch Dinge gibt, die es Wert sind, zu entstehen. Das Nichts ist also der ultimative Gegenpol zur Hoffnung. Solange also Gott dafür sorgt, dass nicht das Licht ausgeknipst wird, kann er die Menschen mal machen lassen. (Was anderes bleibt ihm ja auch nicht übrig, denn er hat keinen Plan, wohin die Reise gehen soll.)  Dass da nicht etwas grundsätzlich aus   aus dem Ruder gerät, dafür sorgt er.

Die Sonne tönt nach alter Weise
In Brudersphären Wettgesang,
Und ihre vorgeschriebne Reise
Vollendet sie mit Donnergang.
Ihr Anblick gibt den Engeln Stärke,
Wenn keiner sie ergründen mag;
Die unbegreiflich hohen Werke
Sind herrlich wie am ersten Tag.

 

 

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