staunen, nicht ärgern

Mene jüte, so kompliziert ist das mit den Zinsen dann auch wieder nicht

Nur im Falle eines externen Schocks, wie der Ukraine Krieg, wo der Öl- und Gashahn zugedreht wurde oder im Falle einer Pandemie, wo die Leute nach Hause geschickt werden, kann sich die Wirtschaft nicht anpassen. Allerdings ist eine Zinserhöhung auch in dieser Situation ein ungeeignetes Mittel und verschärft die Problematik noch.

Subtiler ist dann Punkt (2). Wir haben in der Tat gesehen, dass ein niedriger Zins zur Inflation auf dem Immobilienmarkt und an den Börsen führt. Allerdings stellt sich hier eine ähnliche Frage wie bei (1). Wer zum Teufel hindert die Leute daran, anstatt sinnfrei Bestandsimmobilien zu kaufen und zu spekulieren, schlicht Häuser zu bauen, bzw. wer hindert die Leute daran, das billige Geld in sinnhafte Realinvestitionen zu stecken anstatt in spekulative Papierberge, die gesamtwirtschaftlich komplett sinnfrei sind? Oder anders formuliert: Wieso muss der Staat 10 Milliarden Euro auf den Tisch legen, damit sich Intel in Magdeburg niederlässt, wenn jedes Jahr 400 Millarden Euro vererbt werden? Die Idee der Marktwirtschaft ist, dass die Allokation der Mittel auf privaten Entscheidungen beruht und wer hindert jetzt die ganzen Millionäre und Milliardäre daran, sich an Intel, Tesla, etc. zu beteiligen? Wenn die zu blöd sind um marktwirtschaftlich sinnvolle Investitionen zu tätigen, es gerade noch so schaffen, an der Börse zu spekulieren und deshalb der Staat einspringen muss, dann haben wir kein Zinsproblem. Wir haben dann das Problem, dass die Leute mit der Komplexität marktwirtschaftlicher Ordnungen überfordert sind. Ein höherer Zins würde das Problem nicht lösen. Zwar würde das Geld dann von der Börse abgezogen und Staatsanleihen würden wieder attraktiver, aber am Ergebnis würde sich nicht ändern. Es wäre der Staat, genau genommen der Steuerzahler, der die Bahngleise saniert, schwierige Investitionsprojekte im Ausland anschiebt, strategisch bedeutsame Industrieansiedlungen fördert etc.. Ob der Zins hoch oder niedrig ist, ist hier schlicht egal, bis auf die Tatsache eben, dass der Steuerzahler dann höhere Zinsen bezahlt. Höhere Zinsen bringen Vermögensmassen nicht dazu, höhere Risiken einzugehen und selber zu investieren. Maximal können sie dazu gebracht werden, in den sicheren Hafen staatlicher Garantien einzulaufen.

Die Argumentation bei (3) ist dann auch wieder Adam Smith, allerding ging Adam Smith von ganz anderen, und sehr falschen, Voraussetzungen aus. In der Klassik gibt es drei Produktionsfaktoren, Arbeit, Boden und Kapital. Das Problem ist, dass Kapital schlicht Geld ist und Geld steht erstmal, makroökonomisch betrachtet, in jeder beliebigen Menge zur Verfügung, weil es von einer Zentralbank gedruckt wird. Es ist also erstmal kein knappes Gut und was kein knappes Gut ist, hat eigentlich auch keinen Preis, bzw. hat nur dann einen Preis, im Falle von Geld eben den Zins, wenn es künstlich knapp gehalten wird. Die Argumentation von Hayek ist nun etwas krautig, da muss man sich reindenken. Hayek geht davon aus, dass ein niedriger Zins es auch nicht rentablen Unternehmen erlaubt, zu überleben und damit Resourcen zu binden, vor allem qualifizierte Arbeit aber auch Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, die sonst produktiveren Unternehmen zur Verfügung stünden, was völliger Quark ist. Das produktivere und rentablere Unternehmen kann für die tatsächlich knappen Resourcen mehr bezahlen, als das weniger produktive und rentable und profitable Unternehmen mit dem Ergebnis, dass ersteres langfristig ausscheidet. Ein hoher Zins würde an der Allokation der Resourcen nichts ändern, wäre lediglich eine zusätzliche Belastung für die Wirtschaft. Allerdings gibt es auch Unternehmen mit geringer Produktivität und kaum bis nicht qualifiziertem Personal. Ein hoher Zins kickt diese Unternehmen unter Umständen aus dem Markt und das bislang dort beschäftigte Personal ist dann schlicht arbeitslos. Jede Wertschöpfung, und sei sie auch noch so gering, ist positiv. Diese Wertschöpfung durch einen hohen Zins zu unterbinden, ist sinnlos.

(4) ist nun etwas philosophisch. Hat irgendjemand ein Recht, einen Preis für etwas zu erzielen, was überhaupt nicht knapp ist? Es gibt nun eine Menge Leute, die Geld auf irgendwelchen Konten haben und die sind der Meinung, dass sie ein Anrecht darauf haben, für dieses Geld auch Zinserträge zu erhalten. Sie sind also der Meingung, dass die Zentralbank, im Falle Europas eben die EZB, die Geldmenge knapp halten muss, damit die Zinsen hoch sind. Ähnlich könnte man auch beim Wasser argumentieren. Derjenige, der Trinkwasser in der Badewanne und in allen möglichen Wannen und Eimern speichert, könnte es ungerecht finden, dass er das nicht verkaufen kann, weil es bei Nachbars schlicht aus dem Hahn kommt. Er könnte also fordern, dass das zuständige Wasserwerk die Versorgung mit Wasser stoppt, damit sein gespeichertes Wasser einen Wert hat. Das wäre dann aber eine ziemliche Gaga Ökonomie. Der Sparer erwartet, dass irgendjemand eine pfiffige Idee hat, die er mit seinem Geld dann verwirklichen kann und deshalb Zinsen bezahlt. Das ganze will er natürlich noch über einen Intermediär gesichert haben, also eine Bank, die im Falle eines Scheiterns dann auch den Verlust trägt, er aber sein Geld sicher zu einem sicheren Zinssatz bekommt. Tja, was soll man dazu sagen? Wenn sich alle so verhalten, wie der wütende Sparer, dann gibt es gar niemanden, der sein Geld überhaupt haben will.

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