staunen, nicht ärgern

Kann Sprache Emotionen wecken? Die Afd und dere Youngster followers

Das Problem mit den Heimatfreunden aller Provenienz, die machen wohl allmählich 16 Prozent der Wählerschaft aus, ist also eine vollkommen Entindividualisierung. Begriffe Heimat, Brauchtum, Tradition, Kultur, Bildung, Patriotismus etc. etc. verweisen gar nicht mehr auf etwas inhaltliches, sondern dienen nur noch dazu, sich als Gruppe gegen andere Gruppen abzusetzen, wobei das Skurrile dabei ist, dass die Gruppe, zu der man sich zugehörig fühlen will, gar nicht existiert. Gut 80 Prozent der Deutschen lehnen die Ideen der AFD nämlich ab. Die Gruppe, die die AFD lieben will, liebt sie nicht. Anstatt sie zu verbieten und vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen, wäre es aber zielführender, auf deren Anhängerschaft zuzugehen und deren Ängste ernst zu nehmen. Wir haben durch den Zuzug aus dem Ausland Probleme auf dem Wohnungsmarkt, wir haben im unteren Segment des Arbeitsmarktes einen Verdrängungsprozess, wir haben Unternehmen, die dem internationalen Wettbwerb nicht standhalten können, insbesondere dann, wenn dieser Wettbwerb unter ungleichen Bedingungen stattfindet. Es macht dann wenig Sinn, sich über die AFD Anhängerschaft lustig zu machen, das ist relativ einfach. Deren Probleme zu lösen ist dann wiederum schwieriger. Noch dämlicher ist dann allerdings, von einer deutschen Leitkultur zu schwadronieren, die es sachlogisch gar nicht geben kann, weil es schlicht gar keine homogene deutsche Kultur gibt. Im Vergleich zu den enormen Unterschieden innerhalb der genuin deutschen Kultur ist das bisschen Multikulti geradezu ein Epiphänomen.

Weckt Sprache Emotionen ohne hierbei auf eine konkrete Welterfahrung zu rekurrieren, dann handelt es sich um Ideologie. Was gesagt wird, ist nicht das, was gemeint ist. Wer von der Liebe zur deutschen Heimat, Tradition, Kultur schwafelt, meint ihm Endeffekt, dass Wohnungen erstmal an Deutsche vergeben werden sollen und Deutsche bei der Jobsuche Vorrang haben und ähnliches.

Andererseits kann aber auch eine Gruppe die man als radikal anders empfindet, auch wenn sie dies de facto gar nicht ist, als abstrakt als Bedrohung empfunden werden und am Selbstbewußtsein kratzen. Das umso mehr, je mehr diese abstrakte Bedrohung sich im Alltag konkret manifestiert.

Das Selbstwertgefühl kann angegriffen werden und ein Angriff auf selbiges ist ein Straftatbestand.

§ 185
Beleidigung

Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung öffentlich, in einer Versammlung, durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) oder mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Das ist eigentlich ein skurriler Paragraph. Denn die Beleidigung unterscheidet sich ja von der üblen Nachfrage und der Verleumdung dadurch, dass sie nicht wahrheitsfähig ist. Bezeichnet man jemanden als Rindvieh, Drecksau, Penner, etc. dann ist das von vorneherein nicht wahrheitsfähig. Dem so titulierten könnte es also völlig egal sein, dass er so tituliert wird. Trotzdem fühlen sich viele Leute dann in ihrer Ehre gekränkt und der Fall landet vor Gericht. Das heißt Sprache kann, ohne dass sie auf etwas konkret inhaltliches rekurriert Emotionen auslösen und dieser Tatbestand wird sogar vom Gesetzgeber anerkannt. Vermutlich gibt es noch eine Menge anderer verschlungener Wege, wie Sprache Emotionen auslösen kann, ohne auf etwas Inhaltliches zu rekurrieren. Denkbar ist zum Beispiel, wenn Sprache zur Desillusionierug führt und ähnliches.

Sprache kann aber auch Hoffnung spenden, wie diese hübsche kleine Geschichte zeigt.

https://www.englisch-lehrbuch.de/uebungen/stories/two_frogs/seite_01.htm

Es bleibt also schwierig.

 

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