Man kann finden, dass die Menschheit zunehmend dazu neigt, mit höchst rationalen Mitteln höchst irrationale Ziele zu verfolgen. Der eine will den Mars bewohnen, obwohl es deutlich einfacher wäre, erstmal die Wüste Sahara bewohnbar zu machen, der andere will eine winzige Insel vor der chinesischen Küste erobern, weil die irgendwann mal zu China gehört hat, bei einem ganzen Haufen Leute wird Geld verdienen zum Selbstzweck und Wachstum zum Fetisch. Die Mittel, mit denen diese Ziele erreicht werden sollen, sind äußerst rational, high tech vom Feinsten, der Sinn allerdings erschließt sich dem unbeteiligten Dritten nicht unmittelbar. Mit dem Geld, dass Rasputin für seinen Krieg austütet, hätte er ja den gesamten Donbass und Luhansk kaufen können, bzw. alle dort unterdrückten Russisch Muttersprachler, die will er ja befreien, oder eben umbringen, heim ins Reich führen können und sie dort im Luxus schwelgen lassen.
Genauso naheliegend wäre es aber den Marxismus, Kapitalismus, Nationalismus, Religionen und Ideologien aller Art als Psychosen zu betrachten. Charakteristisch für die Psychose ist der Umstand, dass der Patient die Welt nur noch aus einer spezifischen Perspektive wahrnimmt und alle Ereignisse aus dieser Perspektive heraus interpretiert, wobei das, was nicht passt, passend gemacht wird. Der Marxismus z.B. geht von der irren Idee aus, dass Kapital, welches mit Geld gleichsetzt wird, bzw. zum „Geldkristall“ wird, etwas ist, das aus einer Vorperiode stammt, was völlig wirr ist. Geld wird erst Mal einfach gedruckt und ist gedeckt, oder eben nicht, durch eine Wirtschaftleistung in der Zukunft. Die Ausdehnung der Geldmenge geht dem Wachstum der Wirtschaft immer voraus und hinkt nicht hinterher. (Andernfalls müssten nämlich die Preise sinken, wenn die Wirtschaftsleistung zunimmt.) Gefangen in diesem grundsätzlichen Irrtum schreibt Marx dann ein paar Tausend Seiten und versucht seinen grundsätzlichen Irrtum mit der real existierenden Wirklichkeit in Einklang zu bringen. Das hat was von Psychose, vor allem wenn man sich fünfzig Jahre lang live in colour anschauen kann, dass irgendwas an der Theorie fundamental falsch sein muss.
[Wobei auch hier gilt: Schafft ein System die entsprechenden Incentives, kann ein Hokuspokus ewig als Wahrheit verkauft werden. Die Leute, die den Quark gelehrt haben, haben daraus ein Einkommen erzielt. Die Professorenschaft im real existierenden Sozialismus davon zu überzeugen, dass ihr Mullah auf dem Holzweg ist, wäre ähnlich zielführend gewesen, wie der Versuch die Professorenschaft im real existierenden Kapitalismus, eigentlich heißt das Ding Marktwirtschaft, davon zu überzeugen, dass zunehmend der Geldmarkt über den Realgütermarkt dominiert und nicht umgekehrt. So ein Job als Professor ist nicht übel; da wird keiner zugeben, dass das alles Müll ist, denn dann müsste er sich ja eine richtige Arbeit suchen. Da wird dann Keynes solange hingebogen, dass er mit dem Rest an Müll, also dem Grenznutzenquark à la Leon Walras, wieder kompatibel ist.]
Die Islamisten haben als Fundamentalthese den Koran Hokuspokus und basierend auf dem Koran nehmen sie dann Stellung zu Problemen, die normale Leute gar nicht haben: Ob man mit lackierten Fingernägeln beten darf; ob man einer Frau die Hand reichen darf, was Haram ist und Halal, ob ein Moslem Österreicher werden darf, ob man Parfüm mit Alkohol benutzen darf etc. etc.. Die Nationalisten aller Nationen sind stolz auf die in der Regel mindestens tausendjährige Geschichte, Kultur und Tralala, von der sie aber in der Regel keine Ahnung haben. Der Nationalist glaubt schlicht an eine Fata Morgana, geht von einer Kontinuität aus, die schlicht nie gegeben ist.
Sowohl die instrumentelle Vernunft wie auch die Psychose führen zur Blasenbildung, zu einer eingeschränkten Wahrnehmungsfähigkeit, zu einem in sich kohärenten System. Psychoten sind durchaus in der Lage, innerhalb ihres Wahnsinnsystems eine strukturierte Logik zu finden, wie schon James Joyce treffend bemerkte (vermutliche hat der es von Shakesepeare.): Und ist es auch der Wahnsinn, so hat es doch System. Ähnliches gilt auch für die instrumentelle Vernunft. Die meisten technischen Visionen zielen eher auf die Realisierung einer Dystopie also auf eine Utopie und den offenen Horizont und sind zumindest eine Vergeudung von Resourcen. Rotierende Riesenröhren im Weltall zu installieren und so Schwerkraft zu simulieren, das ist ja die Idee von Jeff Bezos, ist mit Sicherheit technisch gesehen höchst anspruchsvoll, allerdings könnte man mit einem Bruchteil der Kosten auch dafür sorgen, dass die Erde bewohnbar bleibt. Auch das ist Wahnsinn, aber mit System.
Ganz im Gegensatz zu dem, was Popper vermutet, ist Ernst Bloch im übrigen der mächtigste Vertreter der offenen Gesellschaft, denn er ist der einzige, der sich mal darüber Gedanken macht, wohin die Reise gehen soll. Zwar sollte auch bei Bloch die Hoffnung sich mit einer konkreten Tendenz verbünden, also mit dem zu einem gegebenen Zeitpunkt Möglichen, aber entscheidend ist das Ziel und nicht die Umsetzung, wobei der Horizont immer weiter verschoben und verbreitert wird.