staunen, nicht ärgern

Immbobilienhype: perpetuum mobile?

Das alles passiert aber bei unserem perpetuum mobile nicht. Werden Bestandsimmoblien gekauft, verkauft, gekauft, verkauft ist das keine Marktleistung. Weder wird das Angebot an Wohnraum erhöht, noch bekommt man besseren Wohnraum für das gleiche Geld und billiger wird es sowieso nicht. Das perpetuum mobile ist marktwirtschaftlich gesehen komplett sinnfrei.

In diesem Zusammenhang wird auch oft das Argument angeführt, dass die Verdrängung von weniger einkommenstarkten Schichten aus den Innenräumen der Städte, ein Prozess der stattfinden muss, weil das perpetuum mobile letztlich nur über eine Mieterhöhung am laufen gehalten werden kann, ein normaler Prozess innerhalb einer marktwirtschaftlichen Ordnung ist. Dem ist nicht so. Die Umverteilung ist kein Wert an sich, wie joggen, Sprachen lernen, ehrenamtliche Tätigkeit oder sonst irgendwas in der Art. Die Umverteilung ist die Konsequenz eines marktwirtschaftlich sinnvollen Prozesses. In einem marktwirtschaftlich sinnvollen Prozess nimmt die Ungleichheit zwar zu, Bill Gates wurde stinkreich, aber alle haben sich besser gestellt. Die Umverteilung allein, ohne eine positive Wirkung, würde sich in einem demokratischen Entscheidungsprozess nicht durchsetzen, weil niemand deren Nutzen erkennen könnte.

Die Zinsentwicklung hat sich mehr oder weniger so entwickelt, wie Keynes das schon 1936 prognostizierte. Der Zins wird gegen Null fallen, bzw. gerade noch die Verwaltungskosten der Banken decken. Dem Wandel des Paradigmas ging eine realistische Einschätzung der Arbeitslosigkeit voraus. Nach Keynes ist die Vollbeschäftigung ein Spezialfall, seine Theorie ist eine General Theory, eine allgemeine Theorie, die sowohl den Fall der Vollbeschäftigung wie auch den Fall der Unterbeschäftigung abdeckt, wobei Keynes eben das Vorhandensein von Unterbeschäftigung akzeptierte. In der klassischen Nationalökonomie gibt es keine Unterbeschäftigung. Der Fall ist in diesem Theoriegebäude schlicht undenkbar und in der Vollbeschäftigung hat der Zins tatsächlich eine Lenkungsfunktion, er steuert die Produktion von Investitionsgütern zu Lasten von Konsumgütern, deshalb mussten die Häuslebauer auch früher, zu Zeiten der Vollbeschäftigung, auch ordentliche Zinsen bezahlen. Damit die Resourcen für den Kauf bzw. Bau von Immobilien zur Verfügung stehen, musste die Produktion von Konsumgütern zurückgefahren werden. Das passiert über den Zins. Ein hoher Zins sorgt für eine hohe Sparquote, Geld das nicht konsumiert werden kann und dieses Geld steht dann für Investitionen zur Verfügung. Diese Situation haben wir nicht mehr. Entwickelte Volkswirtschaften können munter Autos, Kuchen, Yachten bauen und gleichzeitig nach Lust und Laune investieren.

Allerdings hat Keynes nicht damit gerechnet, dass eine Absenkung des Zinssatzes auf quasi Null zur eine vollkommenen sinnfreien Spekulation führt. Nicht nur am Immobilienmarkt, sondern auch am Aktienmarkt, Goldmarkt, Rohstoffmarkt etc..

Konsequez: Da die Spekulation mit Wohnimmmobilien keine marktwirtschaftlich sinnvolle Funktion hat, muss die Politik das stoppen. Entweder dadurch, dass Spekulationsgewinne wegbesteuert werden, durch eine Finanztransaktionssteuer, durch einen Mietendeckel oder wie auch immer. Die Spekulationsblasen sind nicht nur marktwirtschaftlich sinnlos, sondern haben tendenziel auch eine destabilisierende Wirkung. Es kann z.B. ein Hype entstehen, bei dem die Leute glauben, dass das perpetuum mobile ewig funktioniert, so dass die Kreditvolumen immer weiter steigen. Muss dann die Zentralbank aus anderen Gründen, etwa bedingt durch eine negative Leistungsbilanz, die Zinsen doch wieder anheben, kracht das Gebäude zusammen wie ein Kartenhaus.

Sinnvoll wäre, wenn die Zentralbank ihre Geldpolitik danach ausrichtet, ob mit dem Geld tatsächlich REALINVESTIONEN getätigt werden, also z.B. Häuser gebaut werden. Das wäre eine marktwirtschaftlich sinnvolle Aktivität. Unter den derzeitigen institutionellen Gegebenheiten, könnte dies am einfachsten organisiert werden, wenn der Staat Wohnungen baut. Marktwirtschaftler wie der Autor dieser Zeilen bekommen zwar Herzrasen, wenn der Staat irgendetwas tut, aber Häuser bauen ist jetzt keine Raketenwissenschaft, das kriegt sogar noch ein Beamter hin. Das schlagende Argument für die Marktwirtschaft, eben dass mehrere Alternativen im Wettbewerb stehen und sich die beste am Markt durchsetzt, sticht hier nicht, denn der Komplexitätsgrad beim Wohnungsbau ist überschaubar.

Von daher hatte es vielleicht sogar etwas Gutes, dass das Bundesverfassungsgericht Berlin die Kompetenz für den Mietendeckel abgesprochen hat. Das wird, so bleibt zu hoffen, der CDU / CSU, die noch in der klassischen Nationalökonomie und bei der schwäbischen Hausfrau hängen geblieben sind, Stimmen kosten, so dass sich im ökonomischen Bereich die Vernunft, also Keynes durchsetzt.

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