Gleichermaßen unklar ist, WEN das WAS da eigentlich berührt. Es ist ja ziemlich bekannt, dass ein WAS manche Leute berührt und andere völlig kalt lässt. Das Problem wird zwar durch den berühmten Vers
Viele Säulen, beschien die Sonne
doch nur die Säule Memnons klangt
ganz witzig beschrieben, allerdings wird uns nicht erklärt, warum nur die Säule Memnons klang. Der WAS und der WEN müssen irgendwie miteinander verknüpft sein, also auf dieselbe Welterfahrung zurückgreifen können und das WAS kann von daher etwas abschicken, was beim WEN so oder ähnlich ankommt. Das WAS und das WEN können zumindest dieselbe Erwartungshaltung haben in Bezug auf die Zukunft. Das war z.B. bei der Amtseinführung von Barack Obama der Fall. Die Erwartungen sind in dem Lied von Woody Guthrie etwas vage ausgedrückt und wir können davon ausgehen, dass weder Barack Obama, das anlässlich der Amtseinführung von Barack Obama gesungene Version beinhaltet die kritischen Verse mit der private property, noch das Publikum an den Sozialismus glaubten, drückt aber den Wunsch nach Veränderung aus.
Das WAS, also das Lied, hat also etwas abgeschickt, was beim WEN angekommen ist, wobei wir gar nicht so genau wissen, was das war. Das WAS ist also auf eine spezifische Stimmung beim WEN getroffen, was das WEN wiederum intuitiv erfasst hat. Wir verstehen das, was da ankam, nicht dadurch, dass das WAS dem WEN etwas sprachlich mitteilt, wie Gadamer sich das vorstellt. Wenn man sprachlich was dazu sagen will, könnte man sagen, dass eine Hoffnung auf mehr Solidarität ausgedrückt wird, auf die Überwindung von Schranken. Ob diese Ziel mehr durch eine Planwirtschaft oder eine Marktwirtschaft realisiert werden, ist in diesem Zusammenhang völlig egal, bzw. würde auf eine Art von verstehen im Sinne von nachvolliehen sachlogischer Zusammenänge abzielen, um die es aber gerade nicht geht. Ginge es darum, hätte man anlässlich der Amtseinführung von Barack Obama auch 200 Jahre Wirtschafttheorie durchgehen können. Wer will, kann das mit Ernst Bloch so sehen: Das Lied hat einen Wärmestrom, wie daraus docta spes wird, steht auf einem anderen Blatt. Im Grunde ist sich Gadamer der zwei völlig unterschiedlichen Bedeutungen von verstehen nicht bewusst. Verstehen im Sinn von erfassen sachlogischer Zusammenhänge geht von der Sprache zur Welterfahrung. Verstehen im Sinne von nachempfinden, geht von der Welterfahrung zur Sprache, wobei die Sprache da an ihre Grenzen gerät. Im Grunde sind alle rhetorischen Figuren, die man in der Schule so durchkaut, Metapher, Oxymoron, Pleonasmus, Sinästhesie etc. etc. der Versuch, das nicht Sagbare zu sagen.
Ein unbegreiflich holdes Sehnen
Trieb mich, durch Wald und Wiesen hinzugehn,
Und unter tausend heißen Tränen
Fühlt‘ ich mir eine Welt entstehn.
Dies Lied verkündete der Jugend muntre Spiele,
Der Frühlingsfeier freies Glück;
Erinnrung hält mich nun mit kindlichem Gefühle
Vom letzten, ernsten Schritt zurück.
O tönet fort, ihr süßen Himmelslieder!
Die Träne quillt, die Erde hat mich wieder!
Faust verrät uns hier nicht Mal, nach was er sich eigentlich sehnt und on top ist ihm das Sehnen auch noch selber unbegreiflich. Wie ein Sehnen, das auf nichts abzielt, auch noch hold oder anmutig sein kann, wird nicht erklärt, aber es treibt ihn hinaus. Tränen sind auch nie heiß, aber aus irgendeinem Grund schöpft er Hoffnung, wohl aus der Erinnerung an seine Jugend und die süßen Himmelslieder, die garantiert nicht süß sind, halten ihn dann davon ab, sich endgültig zu verabschieden. Da gibt es jetzt zwei Möglichkeiten. Entweder das WEN kennt diese Stimmung, dann versteht das WEN das WAS oder eben nicht, dann kommt beim WEN nichts an. Gadamer ist da eher die Liga ChatGPT. Der versucht das sprachlich zu vermitteln. (Die Tatsache, dass ChatGPT nicht erkennt, dass die Verse aus Goethes Faust stammen, ist da ein minor problem.)
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Frage:
Kannst du mir diese Verse interpretieren ?
Ein unbegreiflich holdes Sehnen
…
Antwort:
Diese Verse stammen aus dem Gedicht „Sehnsucht“ von Johann Wolfgang von Goethe und beschreiben das Gefühl der Sehnsucht, das den Sprecher dazu treibt, durch die Natur zu wandern und in Tränen auszubrechen.
Die ersten beiden Zeilen zeigen, dass der Sprecher von einem „unbegreiflich holden Sehnen“ getrieben wird. Es ist ein Gefühl, das schwer zu erklären ist, aber dennoch stark genug ist, um ihn dazu zu bringen, durch Wald und Wiesen zu gehen.
In den nächsten zwei Zeilen wird beschrieben, wie der Sprecher unter Tränen eine neue Welt entstehen fühlt. Diese Welt könnte eine neue Sichtweise auf die Welt oder eine neue Perspektive auf das Leben bedeuten, die durch die Sehnsucht hervorgerufen wird.
Die nächsten beiden Zeilen vermitteln das Bild einer unbeschwerten Jugend und des Frühlingsfestes, das dem Sprecher in Erinnerung geblieben ist. Erinnrung hält ihn nun mit kindlichem Gefühle vom letzten, ernsten Schritt zurück. Dies könnte bedeuten, dass der Sprecher zurückgehalten wird, um seine Sehnsüchte und Träume nicht zu verlieren.