Was jetzt kommt ist etwas mit Kanonen auf Spatzen schießen. Die Junge Alternative, um die es hier geht, weil wir es ganz allgemein mit einem sprachlichen Problem zu tun haben und weniger weil der Verfassungsschutz sie als gesichert rechtsextrem einstuft. Es ist doch im Grunde egal, ob ein Kindergarten rechtsextrem ist oder nicht. Interessant daran ist lediglich das sprachliche Problem. Das gleiche Problem haben wir auch bei Mama und Pappa von der Truppe und da macht die Analyse dann Sinn. Also 16 Prozent Wähler bei vollkommen verquaster Texterei, das ist schon eine Nummer.
Eigentlich interessiert sich der Autor eher für den umgekehrten Weg, das heißt die Möglichkeiten der Sprache an den Grenzen der Welterfahrung. Um es mal kurz und knapp zu formulieren, wer will kann zurück blättern zu den zahlreichen anderen Ergüssen zu diesem Thema, geht es um sowas.
It is the evening of the day
I sit and watch the children play
Smiling faces I can see
But not for me
I sit and watch
As tears go by
My riches can’t buy everything
I want to hear the children sing
All I hear is the sound
Of rain falling on the ground
I sit and watch
As tears go by
It is the evening of the day
I sit and watch the children play
Doing things I used to do
They think are new
I sit and watch
As tears go by
Liest man sich die Kommentare durch, dann wird klar, dass bei vielen Leuten, auf unterschiedliche Weise und aus unterschiedlichen Gründen der Text und die Musik etwas festhält, was sonst im Orkus des Vergessens verschwunden wäre. Das und noch so ein paar 100 Dinge mehr versteht der Autor unter den Möglichkeiten der Sprache an den Grenzen der Welterfahrung. Dabei geht es aber immer um etwas, was die Sprache lediglich wachrüttelt, also etwas, was schon da ist und je mehr da ist, desto mehr kann Sprache eben wachrütteln. Wo allerdings nix ist, da gibt es auch nix zum wachrütteln.
Damit deutlich wird, worauf der Autor hinaus will, wobei die Jungen Alternative, also der Ableger der AFD auch nur ein Beispiel ist, für ein Phänomen, das wir immer wieder antreffen. Hübsch ist es halt, weil es die Problematik so klar verdeutlicht.
Wir haben hier den umgekehrten Fall. Nach einem Individualisierungsprozess, haben wir die Situation, dass Sprache diesen festhalten kann. Ohne Individualisierungsprozess, haben wir die Situation, dass Sprache irgendwelche Inhalte erzeugt, unklar ist nur was.
Also die texten auf ihrer Website so:
“ (1) Die Junge Alternative steht für einen positiv besetzten »Patriotismus-Begriff« und einer Wiederbelebung des Nationalstolzes. (2) Die Liebe zur Heimat, zur eigenen Kultur und Traditionen des Vaterlandes (3) beinhaltet weder den Hass des Fremden, noch die unangemessene Überhöhung des Eigenen.“
Das ist jetzt insofern ein interessantes Beispiel, weil es inkohärenter Schwachsinn ist. Der Text ist reine Projektionsfläche, an dem sich irgendwelche Emotionen entzünden. Unklar ist nur, wie das psychisch funktioniert. Schlichter formuliert bedeutet (1) die Jungs wollen mehr Patriotismus und wieder ordentlich stolz sein dürfen auf ihr Vaterland, woran sie derzeit niemand hindert. Sie dürfen sich sich schwarz, rot, gold einkleiden, Fähnchen schwingen, wo immer sie wollen, die meisten deutschen Marschlieder trällern oder was auch immer ihre Wangen glühen lässt. Interessant wäre natürlich zu wissen, wie sich der Patriotismus und der Nationalstolz konkret äußern soll.
Zum Begriff Heimat an sich fällt dem Autor dieser Zeilen eigentlich nur ein einziges Zitat ein, bei dem der Begriff Heimat mit einer konkreten Welterfahrung verbunden ist, aber der stammt ausgerechnet von Ernst Bloch, also von jemandem, der mit regionalen Bindungen nun so gar nichts am Hut hatte. So endet das Prinzip Hoffnung.
„Die wirkliche Genesis ist nicht am Anfang, sondern am Ende, und sie beginnt erst anzufangen, wenn Gesellschaft und Dasein radikal werden, das heißt sich an der Wurzel fassen. Die Wurzel der Geschichte aber ist der arbeitende, schaffende, die Gegebenheiten umbildende und überholende Mensch. Hat er sich erfaßt und das Seine ohne Entäußerung und Entfremdung in realer Demokratie begründet, so entsteht in der Welt etwas, das allen in die Kindheit scheint und worin noch niemand war: Heimat.“
Kann man sich was drunter vorstellen. Zumindest im Idealfall erleben Kinder ihre Umgebung als vertraut, also als eine Welt, wo nicht plötzlich etwas um die Ecke kommt, was unbeherrschbar ist. Wer das Gegenteil von Heimat konkret psychisch erleben will, kann sich einen Horrorfilm anschauen. Der Horror ist eben dadurch gekennzeichnet, dass die Welt nicht mehr beherrschaber ist. Bei Bloch erreichen wir einen solchen Zustand aber in der Zukunft, existiert hat so ein Zustand noch nie und vor allem hat er mit einer bestimmten Region nichts zu tun. Sachlogisch müsste man also anderherum vorgehen. Man müsste dafür sorgen, dass die Kids in einer Umgebung aufwachsen, die ihnen sehr vertraut ist und der sie zutrauen, dort ihre Möglichkeiten ausspielen zu können. Die Liebe käme dann von alleine. Falsche Vertrautheit, bei der die Probleme nur überspielt werden, nützt wenig. Sinnvolle Vertrautheit kann nur das Ergebnis eines Prozesses sein, der Konflikte aufgedeckt und gelöst hat.