staunen, nicht ärgern

Rammstein und die röhrenden Hirsche zur Brunftzeit

Wollt ihr das Bett in Flammen sehen?
Wollt ihr in Haut und Haaren untergehen?
Ihr wollt doch auch den Dolch ins Laken stecken
Ihr wollt doch auch das Blut vom Degen lecken

Also die Mucke ist brachial, der Text ist irgendwie, na wie soll man sagen, monothematisch und irgendwie dunkel. Oder vielleicht einfach gaga. Will der jetzt sein Bett abfackeln, verzehrt ihn auf der Matraze eine wilde Leidenschaft,bzw. will er, dass auf der Matraze ihn eine wilde Leidenschaft zum brennen bringt? Will er auf der Matraze sterben? Am eindeutigsten ist da noch der Dolch, für den gibt es viele Namen. Einen anderen hübschen Namen dafür hat Wedekind.

Mein Herz ist leer wie eine taube Nuß,
Als Kobold spukt darin der Überdruß.
Wenn ich’s bei Licht mir nah vors Auge halte,
Bleckt er mich hämisch an aus enger Spalte.
An hundert Weiber hatt ich wohl im Sold,
Mit denen ich mein Gut und Blut vertollt,
Die schönsten Nymphen im modernen Babel.
Und ich blieb leer, vom Scheitel bis zum Nabel.
Kein Funke mehr, kein Stern aus früherer Welt;
Kein Flämmchen, das den Busen sanft erhellt.
Nur Pharus ragt noch stets mit glühnden Kohlen
Hoch in die Nacht. Der Teufel soll ihn holen!

Also bei Wedekind ist der Dolch Pharus, das ist ein Leuchtturm, also genau genommen das Teil, das auf einer Insel vor Alexandria stand, eines der sieben Weltwunder des Altertums. Wedekind beschreibt da auch eine Problematik, aber nicht das Riesenproblem, Wedekind hatte schon einen Kompass, bei dem Gedicht hatte er wohl kurzfristig mal einen Aussetzer.

Der Degen ist dann wohl dasselbe wie Dolch. Das ist bei den Rammsteins wohl was aus dem Deutschunterricht hängen geblieben. Verwende nie dasselbe Wort zweimal. Die Behauptung ist nun, dass die Leute den Dolch ins Laken (????) stecken wollen und eben von selbigem dann das Blut ablecken wollen (????). Wieso der Dolch / Degen jetzt aber überhaupt blutig wird, wenn auf der Matraze die Leidenschaft entfacht wird, ist etwas unklar. Auf diese Idee kann man eigentlich nur kommen, wobei dann auch nichts blutet, zumindest wüsste der Autor dieser Zeilen nicht wie, wenn einer der Beteiligten nicht will, dass die Matraze in Flammen steht, bzw. nicht vorhat, unterzugehn.

Sex ist eine Schlacht
Liebe ist Krieg
Sex ist eine Schlacht, ja
Liebe ist Krieg

Also bei Hirschen, Bären, Walrössern, Gorillas etc.. sind die Annäherungsversuche manchmal recht uncharmant. Also wenn man sich das so anschaut, der Hirsch ist nicht wirklich ein Charmbolzen. Aber was soll er machen? Das Entscheidende bringt er ja zum Ausdruck, aber mehr kann er halt nicht. Dass die Ladies jetzt nicht dahinschmelzen, ist logo.

Damit er bekommt was er will, muss er halt ein bisschen härter ran. Sieht dann ein bisschen aus wie Krieg. Dass Rammsteins Fans sich mit dem röhrenden Hirsch identifizieren, man achte mal auf die Zunge, können wir nachvollziehen. Es macht immer wieder Sinn, komplexe Verhältnisse auf das Wesentliche zu reduzieren.

Hier allerdings berichtet er von einem Erlebnis, bei dem wir schlecht nachvollziehen können, was daran authentisch ist.

Du, du hast, du hast mich
Du, du hast, du hast mich
Du, du hast, du hast mich
Du, du hast, du hast mich

Wer hat hier wen? Der mit dem Dolch hat die ohne Dolch oder umgekehrt? Oder ist das Teil subtil und ist mit „hast mich“ nicht nur zweite Person Singular des Verbs haben gemeint sondern auch die zweite Person Singular des Verbes hassen. Wäre ja denkbar. Wenn Liebe, bzw. der Vorgang der Begattung, im Grunde Krieg ist, dann kann man den willentlich oder unwillentlich Beteiligten ja während des Vorgangs der Begattung ja auch hassen.

Du, du hast, du hast mich, du hast mich
Du hast mich gefragt, du hast mich gefragt
Du hast mich gefragt und ich hab‘ nichts gesagt

Wer fragt hier wen? Der röhrende Hirsch die Hischkuh oder umgekehrt? Also im weitesten Sinn könnte man das Röhren des Hirsches auch als Frage interpretieren. Dann wäre es tatsächlich die Hirschkuh, die nichts gesagt hat, was zutreffend ist. Mangels Alternativen sagt die Hirschkuh tatsächlich nichts, wobei unklar bleibt, ob ihr Schweigen Zustimmung bedeutet. In diesem Falle wäre beide Mal die Hirschkuh gemeint. Die Hirschkuh hat zwar nichts Spezifisches, das Objekt der Begierde des Hirsches ist austauschbar, aber er ist vollkommen von ihr besessen, in diesem Sinne „hat“ sie ihn, und sie hat nichts gesagt.

Der letzte Vers macht dann irgendwie Sinn und die gestellte Frage kann auch beantwortet werden.

Willst du bis der Tod euch scheidet
Treu ihr sein für alle Tage?
(Ja) Nein
(Ja) Nein
Willst du bis der Tod euch scheidet
Treu ihr sein für alle Tage?
(Ja) Nein
(Ja) Nein

Damit ist dann aber wieder der Hirsch angesprochen, da sich das „ihr“ ja wohl auf die Hirschkuh bezieht. In dem Songtext findet sich aber nichts, was darauf schließen lässt, dass die Hirschkuh spezifische Eigenschaften hätte und der Hirsch will ja alle Hirschkühe begatten, damit ist dann schon mal klar, dass er nicht treu sein wird, die Objekte seiner Begierde sind ja beliebig austauschbar. Die Frage ist lediglich, ob ein anderer Hirsch ihn nicht nicht irgendwann vom Platz jagt.

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