staunen, nicht ärgern

Sind Eliten Romantik? Probleme mit der Meritokratie

In der Diskussion um Eliteförderung sind das aber alles minor problems. Das eigentliche Problem ist, dass hinter der Idee der Eliteförderung völlig naive Vorstellungen über den Wissenschaftsbetrieb vorherrschen, die im 18 und 19 Jahrhundert zutreffend waren, aber sich seither einiges geändert hat. Ein einsamer Forscher wie Galileo, der mit raffinierten Methoden feststelle, dass im luftleeren Raum alle Massen gleich schnell fallen, ein Newton, dem, so die Sage, der fallende Apfel Erleuchtung brachte, oder ein Keppler, der in einsamen Nächten festgestellt hat, dass die Planeten nicht in Kreisen um die Sonne kurven können, ein erbsenzüchtender Mendel, der hinter der bunten Vielfalt seiner Erbsen Gesetze entdeckte, der einsame Carl Benz, der den Verbrennungsmotor erfand, hat mit dem heutigen Wissenschaftsbetrieb gar nichts zu tun und der romantische Geniebegriff verdunkelt den Blick auf die realen Probleme.

Ganz trivial ist es erstmal so, dass wir keinen Mengel haben an Elite, sondern einen Mangel an Stellen. Es reicht eine google Recherche mit den Begriffen prekäre Beschäftigungsverhältnisse in der Wissenschaft, damit das Problem deutlich wird. 84 Prozent der Wissenschaftler an Universitäten haben lediglich einen Zeitvertrag, davon wiederum 40 Prozent einen Vertrag mit einer Laufzeit unter einem Jahr. Das heißt, die Leute suchen sich dann einen Job, der weit unter ihrer Qualifikation liegt. Die Argumente, die öffentlich für die Eliteförderung vorgetragen werden, Deutschland als Hochtechnologie land braucht Spitzenforschung, geht weitgehend ins Leere, weil diese Spitzenforscher zwar vorhanden sind, aber ihr Potential gar nicht ausspielen können. Die finden nämlich schlicht keine Möglichkeiten, ihre Projekte zu Ende zu führen.

Aber auch das ist noch nicht das eigentliche Problem. Das eigentliche Problem ist das. Insgesamt wurden in Deutschland im Jahre 2021, Staat und Industrie, 112 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung ausgegeben. (75 Millarden Euro von der Industrie.) Das ist erstmal eine Masse Holz. Bei den 75 Milliarden Euro der Industrie könne wir uns unter Umständen vorstellen, wie die Forschung gesteuert wird. Die investieren eben in den Bereichen, in denen sie tätig ist. Bei den 37 Milliarden Euro staatlicher Gelder ist aber völlig unklar, wie da Schwerpunkte gesetzt werden. Ein Großteil der Gelder wird erstmal global verteilt, Helmholz Gesellschaft, Max Planck Institut, Fraunhofer Institut, Universitäten kriegen erstmal global eine Batzen Geld und verteilen den dann irgendwie nach irgendwelchen Kriterien intern weiter. Nach welchen Kriterien das passiert, Forschung im Bereich Medizin / Molekularbiologie, Nantotechnologie, Astrophysik, Klimaforschung, etc. etc. ist völlig unklar. Ob hier allerdings die richtigen Schwerpunkte gesetzt werden, die Grundlagenforschung also zu Erkenntnissen, Dienstleistungen und Produkten führt, die Menscheit weiter bringen, ist völlig offen. Es gibt hierzu nicht mal ansatzweise irgendwelche Studien. Betrachtet man mal, für was für einen kompletten Schwachsinn das BMBF mal locker 630 Millionen Euro austütet, siehe www.nationale-bildungsplattform.net, dann können wir davon ausgehen, dass die Jungs und Mädels vom BMBF Null Plan haben. Von der Relevanz der Grundlagenforschung, also von der Möglichkeit auf der Basis von Grundlagenforschung neue Dienstleistungen und Produkte zu erzielen, hängt es aber, wie viele hochqualifizierte Stellen man dann anbieten kann. Bei Studien über den Einfluss von Quetschua auf Spanisch, das sich dann weitgehend in pseudowissenschaftlichen Geschwätz erschöpft, sind spill over effects höchstens bei der Müllbeseitigung zu erwarten und die Hoffnung auf innovative Dienstleistungen und Produkte ist von vorneherein nicht vorhanden. Dass nun eine wie auch immer geartete und definierte Elite sinnvolle Schwerpunkte setzt ist kaum zu erwarten. Da kämpft jeder für sich und den größt möglichen Anteil am Kuchen.

 

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